Dortmund. Kurz und gut: Mucksmäuschenstill sind die Kinder, wenn das von Michael Essl vertonte „Neinhorn“ im Foyer der Dortmunder Oper erklingt.

So ist das in der Zuckerwattewelt: Irgendwann hat man all den Glücksklee, das Regenbogenrutschen und das Schwimmen im Seifenblasenbad gründlich satt. Das kleine Einhorn, gerade erst auf die Welt gekommen, wird bald schon „NEINhorn“ genannt, weil es sich dem zwanghaften Optimismus verweigert. Tennis, Schwimmen, Ballett? Es lehnt alle Angebote ab. Seine Eltern macht das ratlos. „Warum bist du so anders?“, fragen sie besorgt.

Welche Kraft im Widerständigen und Unangepassten liegt, hat Marc-Uwe Kling in seinem Kinderbuchklassiker erzählt. Im Auftrag der Oper Dortmund hat der Komponist Michael Essl daraus eine Kinderoper geschaffen, die jetzt im Theaterfoyer zur Uraufführung kam. Es ist ein kompaktes 40-minütiges Stück für zwei Sängerinnen und einen Sänger, die in Dortmund zugleich Puppenspieler und ein bisschen auch Musiker sind.

Marc-Uwe Klings „Neinhorn“ hat Michael Essl sehr einfach vertont

Essl lässt den Gesang weitgehend allein wirken, unterstützt durch wenige Glockenspieltöne, Mini-Röhrenglöckchen und ein paar Trommellaute. Nachsingbare Melodien gibt es nicht, aber das ist kein Mangel: Wer braucht eine Ansammlung von Kinderliedern, wenn der Gesang den Text so ausdrucksstark unterstreicht? In der Tonsprache einer gemäßigten Moderne macht Essl ein junges Publikum – das Stück richtet sich an Kinder ab vier Jahren – mit dem Wesenskern der Oper vertraut: Gefühle über den Gesang zu transportieren.

Die Kinder sind mäuschenstill. Kristine Stahls Ausstattung hat maximalen Charme

Es liegt nicht an der Musik allein, wenn die Kinder über lange Strecken mäuschenstill sind. Zumal sie sich an entscheidenden Stellen lautstark einbringen dürfen. Was Kristine Stahl (Regie, Ausstattung und Puppengestaltung) mit minimalen Mitteln schafft, erreicht maximalen Charme. Fünf Stühle und wenige Requisiten genügen ihr, um zu zeigen, wie das „NEINhorn“ Freunde findet: den putzigen „WASbären“, der nie richtig zuhört, den flauschigen „NAhUND“, dem alles wurscht ist, und die „KönigsDOCHter“, die sie befreien, obwohl sie ständig Widerworte gibt.

Liebhaben muss man sie alle, diese fantasievoll ausstaffierten Dickschädel, voller Spiellust verkörpert durch ein Trio aus dem Team der Jungen Oper Dortmund. Cosima Büsing („NEINhorn“) und Wendy Krikken („KönigsDOCHter“) schrauben sich im Verweigerungswettstreit in triumphale Sopranhöhen. Franz Schilling („NAhUND“) ist ihnen ein ebenso ruhiger wie sonorer Gegenpol. Charakter, so zeigen sie durch ihre Figuren, hat mit Angepasstheit nicht immer viel zu tun.

Das Stück wird als mobile Produktion auch in Dortmunder Kindergärten wandern.

(Informationen und Termine: https://www.theaterdo.de/produktionen/detail/das-neinhorn/)