Essen. „The Sound of Movies“: Jonas Kaufmann, der Lieblingstenor der Deutschen, legt ein Filmmusik-Album auf. Mitunter dreht er etwas stark am Opernrad.

Jonas mit Popcorn-Tüte, Jonas am Projektor, Jonas im Regen singend, Jonas... Eine CD, stolze zwölf Fotos. Wer bislang den unberechtigten Zweifel hegte, der Deutschen liebster Tenor sei nicht längst seine eigene Marke, den belehrt „The Sound of Movies“ (Sony) eines Besseren. Jonas Kaufmann legt ein Filmmusik-Album vor.

Erst Lohengrin und Otello, dann Cinemascope-Barde? Der 54-jährige Bayer ist längst nicht der erste seiner Zunft, der mit Zelluloid-Pop anbandelt. Das Ergebnis ist ein Album, über das man streiten kann, aber nicht sollte. Die Fangemeinde wird schlichtweg selig sein. Zu überhören ist da kaum was; Kaufmann drückt richtig drauf. Oft regiert der volle Tenorstrahl, reichlich vokale Opulenz flutet den Raum. Man lausch und fragt: Ist das nun Puccini oder Morricone?

Warum lässt Jonas Kaufmann den Opernton nicht sein?

Dabei würde der Sänger teils besser fahren, wenn er den Opernton (die typische Kaufmann-Schwellung bleibt nicht aus) ließe. Schlicht, schön, ganz auf Wort und simple melodische Linie konzentriert, so wie es ihm bei Bert Kaempferts „Strangers In The Night“ (aus „A Man Could Get Killed“) charmant glückt. Doch selbst dort, wo Kaufmann das Schlichte sucht („What A Wonderful World“, zitiert in „Good Morning, Vietnam“), schaden Manierismen (eingeworfene Lacher etwa) dem Grundton des Songs. Dass sein Englisch solide, aber phonetisch oft ungalant klingt, lässt sich schwerlich überhören.

Oper ist kunstvolle Abstraktion, Film überhöhter Realismus. Im Kino schwellen Kämpfermuskel („Gladiator“) und Tränendrüse („Love Story“) in Nahaufnahme – und Jonas Kaufmann versucht dieser Erzähltechnik vokal in nichts nachzustehen. Da schwelgt der Zugeneigte, andere könnten den Wunsch verspüren, leise zu drehen. Die großen Arrangements – Jochen Rieder dirigiert das auf Populäres abonnierte Czech National Symphony Orchestra – adelt eine große Stimme. Wie hier Vangelis’ „Conquest of Paradise“ und Rodgers „You’ll Never Walk Alone“ heraufdonnern, wird jedem Boxkampf Ehre machen.

„The Sound of Movies“ wartet mit zarten Kleinigkeiten auf

Vielleicht wartet das Album darum, zur Reha gewissermaßen, am Ende mit zarten Kleinigkeiten auf. Ein Schellackschätzchen wie „Ich küsse Ihre Hand, Madame“ zeigt Kaufmann im Kavalierstenor und mit feinem Falsett, für „Edelweiß“ („The Sound of Music“) mobilisiert er sanfte Volkstümlichkeit.

Was für eine Mischung von Tiffanys Frühstück bis zur Fete namens „Boum“: Mit Kaufmann im Kino, das ist vor allem Popcorn in allen Geschmacksrichtungen.