Essen. Von Star-Tenor Jonas Kaufmann erklatschte sich das Publikum in der Essener Philharmonie vier Zugaben. Die Kartenpreise waren auch gesalzen.
Auf die Treue und Dankbarkeit seiner Fans kann sich Jonas Kaufmann felsenfest verlassen. In der trotz gesalzener Eintrittspreise (teils weit über 200 Euro) nahezu voll besetzten Essener Philharmonie feierte das Publikum den wohl populärsten Tenor der Zeit mit Standing Ovations und entließ ihn erst nach vier Zugaben in den Feierabend.
Im Rahmen einer Tournee durch sechs deutsche Städte präsentiert Kaufmann derzeit zusammen mit der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz ein Programm mit Arien aus italienischen Opern. Mit einer geschickten Mischung aus Paraderollen des Sängers wie den „Otello“ oder den Turiddu aus der „Cavalleria Rusticana“ und nicht ganz so bekannten Ohrwürmern aus Verdis „Luisa Miller“ oder Cileas „L’Arlesiana“. Acht anspruchsvolle Arien und Monologe mit kurzen instrumentalen Verschnaufpausen in geballter Konzentration konzertant abzuliefern, ist ein riskantes Unterfangen. Die charismatische Bühnenpräsenz des attraktiven Sängers schlägt hier nur bedingt zu Buche. In diesem Umfeld steht die Stimme schonungs- und schutzlos auf dem Prüfstand, auch wenn Fans ihren Idolen vieles nachsehen.
Jonas Kaufmann braucht immensen Druck für die Spitzentöne
Mutig startete Kaufmann mit einer der gefürchtetsten Auftritts-Arien, Radames‘ „Celeste Aida“ und bereits hier zeichneten sich grundlegende Probleme seiner Stimmführung ab. Für die leisen Töne verlässt sich Kaufmann auf dünne Kopfstimmen- oder gar Falsett-Register, die Spitzentöne gelingen nur mit immensem Druck. Die Folge sind Registerbrüche, die saubere Legato-Linien nicht zulassen. Vieles klingt unausgeglichen, selbst im emotional geladenen Monolog Otellos.
Hier wie in Canios sich ebenfalls dramatisch zuspitzendem Hit aus dem „Bajazzo“ kann Jonas Kaufmann mit kräftigen Spitzentönen noch effektvoll auftrumpfen. Doch nicht jede für einen klassischen Spinto gedachte italienische Arie ist bei seiner guttural-baritonal gefärbten Stimme gut aufgehoben. Bezeichnend, dass Kaufmann ausgerechnet der für einen Bariton vorgesehene Prolog aus dem „Bajazzo“ die wenigsten Probleme bereitete.
Jochen Rieder und die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz: gediegen
Vorspiele und Zwischenspiele zu und aus den entsprechenden Opern bereiteten Jonas Kaufmanns Auftritte angemessen vor. Jochen Rieder und die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz sorgten für einen gediegenen instrumentalen Background.
Das Publikum erklatschte sich vier Zugaben, darunter neapolitanische Canzonen und eine Arie aus Umberto Giordanos „André Chenier“. Insgesamt ein italienischer Abend, stimmlich jedoch mit wenig italienischem Kolorit.