Mit neunmonatiger Verspätung nimmt die Gründungskommission für das Deutsche Fotoinstitut ihrer Arbeit auf. Eines ist vor allem wichtig...

Die Entscheidung, das Deutsche Foto-Institut in Düsseldorf anzusiedeln, ist allein aus politischen Gründen und gegen jede sachliche Expertise zustande gekommen - damit wird man sich in Essen, das offenbar die im politischen Handgemenge unerfahreneren oder ungeschickteren Abgeordneten in den Bundestag schickt, abfinden müssen. Jedenfalls im Vergleich zu den Düsseldorf-Fans Otto Fricke und der mehr als streitbaren Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die wissen, wo und wie man ein Anliegen auch gegen die ausgewiesene Meinung von Fachleuten durch den Bundestag bringt. Diese Form von Lokalpatriotismus hat der Politik, was das Vertrauen von Wählerinnen und Wählern in ihre Kompetenzen jenseits von Tricks und Eigennutz angeht, allerdings einen Bärendienst erwiesen.

Man muss deshalb schon sehr hoffen, dass nun wenigstens den Fachleuten aus der siebenköpfigen Gründungskommission Gehör geschenkt wird, vom Bund, vom Land, von der Stadt Düsseldorf, die das Institut nun auf die Strecke bringen und noch vor 2033 eröffnen wollen.

Das fotografische Erbe Deutschlands umfasst auch Gebrauchsfotografie

Für die deutsche Foto-Szene und alle an Fotografie Interessierten aber wäre wichtig, dass zwei Dinge Eingang in das Gründungskonzept der Expertinnen und Experten Eingang finden. Zum einen sollte sich ein Deutsches Fotoinstitut auf keinen Fall auf die künstlerische Fotografie allein beschränken: die Gebrauchs-, also die Presse-, die Werbe- oder die Industrie-Fotografie sind keinen Deut weniger erhaltens- oder erforschenswert. Das fotografische Erbe Deutschlands umfasst weit mehr als die unbestritten große Kunst der Düsseldorfer Foto-Schule.

Genau hier zeichnet sich, was die spätere Umsetzung angeht, schon jetzt eine Problemlinie ab: NRW-Kulturministerin Ina Brandes möchte sich gern als tüchtige Bauherrin profilieren (was ihr niemand verdenken kann, da sie ja aus der Branche kommt). Und hat schon vor Jahresfrist zu Protokoll gegeben, dass sie mit der vom Bund und vom Land bewilligten Summe von 84,5 Millionen strikt auszukommen gedenkt. Eine Machbarkeitsstudie war aber schon 2021 von 125 Millionen Euro als Kostenrahmen ausgegangen – und das war vor den jüngsten exorbitanten Baupreis-Steigerungen. Mag sein, dass die Verwendung einer bereits vorhandenen Immobilie den Entstehungsprozess des Fotoinstituts beschleunigt – eine Garantie für niedrigere Baukosten ist das allemal nicht, wie der Fall des Hunderte Millionen Euro teuren Sanierung und Einrichtung eines NRW-Hauses der Geschichte im Peter-Behrens-Bau am Düsseldorfer Mannesmannufer zeigt.

Wer wollte da trennen zwischen Kunst und Nichtkunst?

Die einfachste Form der Kostenbegrenzung wäre es selbstverständlich, wenn sich das geplante Institut allein auf die künstlerische Fotografie beschränken würde. Aber das wäre nun gerade bei einem Medium wie der Fotografie ein Sündenfall am kulturellen Erbe: Nirgends sind die Grenzen zwischen Gebrauchs- und künstlerischen Formen so fließend wie in der Fotografie, in der auch zu Werbezwecken Kunst entstand, in der auch die Industriefotografie eminenten (sozial-)historischen Wert hat oder Reportagen wie etwa die von Thomas Höpker, Timm Rautert oder Michael Kerstgens weit über die Dokumentation hinausgehen. Wer wollte da trennen zwischen Kunst und Nichtkunst?

Ein Institut für künstlerische Fotografie allein wäre das, was schon die erste, von Kultur-Staatsministerin Monika Grütters eingesetzte Expertenkommission am damaligen Düsseldorfer Konzept bemängelte, das nicht von ungefähr vor allem der Star-Fotograf Andreas Gursky entwickelt hatte: Ein staatliches Forschungs- und Entwicklungslabor für die nicht nur künstlerischen Interessen von Fotokünstlern.