Gelsenkirchen. Eine Rockmusical-Entdeckung: „Tick, tick ...BOOM!“ von Jonathan Larson in Gelsenkirchens Musiktheater im Revier zwischen Broadway und Rockkonzert
Die Uhr läuft. Dabei möchte sie der junge Musicalkomponist Jon am liebsten anhalten. Kurz vor dem 30. Geburtstag wartet er noch immer verzweifelt auf den großen Bühnenerfolg. Die Uhr tickt im Kopf des Künstlers und in den Ohren des Publikums im Kleinen Haus des Musiktheaters im Revier. Das Opernhaus eröffnete die neue Spielzeit unterhaltsam mit der Rockmusical-Entdeckung „Tick, tick ...BOOM!“ von Jonathan Larson.
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Carsten Kirchmeier inszeniert das 2001 uraufgeführte Stück um Erfolgsdruck, zerplatzte Träume und nie aufgegebene Hoffnung im unaufgeregten, intimen Kammerspiel-Modus. Nur drei gesanglich und darstellerisch ausgezeichnete Protagonisten und eine stark aufspielende vierköpfige Band (Leitung und Keyboard Wolfgang Wilger, Gitarre Sebastian Dörries, Bass Ian Stewart, Schlagzeug Andy Pilger) bestreiten über 100 pausenlose Minuten lang ein Musical zwischen Broadway-Show und Rockkonzert.
Luc Steegers als Komponist, Inga Krischke gleich in in sechs Rollen!
Dabei tritt Luc Steegers in der Rolle des verzweifelt nach Erfolg lechzenden Komponisten gleichermaßen als Erzähler seiner Geschichte an der Rampe auf als auch als eindrucksvoller Sänger und Schauspieler. Die wandlungsfähige und stimmsichere Inga Krischke gibt Jons Freundin Susan, die von Hochzeit und Familie träumt. Sie schlüpft in gleich fünf weitere Rollen, spielt mal witzig aufgedreht die Karikatur einer oberflächlichen Agentin, mal die einer aufgekratzten Marktforscherin. Sebastian Schiller ist Jons Freund Michael, der den Schauspielberuf an den Nagel gehängt hat und als Geschäftsmann die Karriereleiter erklimmt.
Die üppig dekorierte Einheitsbühne (Christiane Rolland) verweist mit ihren Stufen, Treppen und Hochhausfassaden auf New York, jede Menge Umzugskartons deuten auf anstehende Veränderungen bei den Akteuren hin.
Stimmlich sehr harmonisch, äußerst energiegeladen, poppig und rockig
Bis auf Auf- und Abstiege und Verweilen auf Podesten bleibt da wenig Bewegungsspielraum, oft wird frontal ins Publikum gesungen. Das aber stimmlich sehr harmonisch, äußerst energiegeladen, poppig und rockig, aber auch zart und melancholisch balladesk, emotional, immer mit deutschen Texten. Die meisten Songs haben eher wenig Ohrwurmqualität, klingen dennoch eingängig und frisch.
Sicherlich kein spektakulärer Genre-Schlager, aber doch die lohnenswerte Entdeckung eines Kleinods mit der sympathischen Botschaft, stets an seinen Lebensträumen festzuhalten. Dann löst sich das Ticken im Kopf vielleicht auch mit einem „Boom“ in Luft auf.
Das Publikum feierte die Premiere mit großem Jubel.