Essen. Seit Jahrzehnten prägt er das Show-Geschäft. jetzt wird der Mehrgenerationen-Komiker Otto Waalkes 75 Jahre alt – und bleibt doch ein ewiges Kind.

Am Ende des Kino-Lockdowns in der Corona-Welle stand Otto Waalkes vor drängelnden Fans zwischen sieben und 70 im Bochumer UCI-Kino, um seinem lange zurückgehaltenen „Catweazle“-Film den nötigen Promi-Auftrieb zu geben. Geduldig beantwortete er Fragen, schrieb und malte Ottifanten-Autogramme in Bücher, die oft schon Eselsohren hatten.

Otto wird es nicht geahnt haben, aber er war da nur ein paar Hundert Meter vom Wirkzentrum jenes Mannes entfernt, von dem sich der junge Bursche aus Emden einst ein Erfolgsrezept geliehen hat: Jürgen von Manger alias Adolf Tegt­meier vom Bochumer Schauspielhaus. So wie der mit extravollem Humor-Einsatz die belächelten Ruhrgebietsmenschen salonfähig gemacht hat, so hat Otto die Ostfriesen rehabilitiert, die bis weit in die 70er-Jahre hinein republikweit nur als extradoofe Witzfiguren vorkamen. Indem er das Klischee vom horizontbeschränkten Hinterwäldler noch überdrehte. Die Folge? Ostfriesenwitze sind seit Jahrzehnten out.

Der Begriff „altersgerecht“ ist für Otto ein Fremdwort geblieben

Die „Otto Show“ im fortgeschrittenen Stadium: Otto 1978 als menschlicher Wetterfrosch im Isobaren-Getümmel.
Die „Otto Show“ im fortgeschrittenen Stadium: Otto 1978 als menschlicher Wetterfrosch im Isobaren-Getümmel. © picture alliance / united archives | KPA

Und Otto? Ist in, als „Friesenjung“. Aber nein, er ist mit seinen 75 Jahren, die er am 22. Juli vollendet, weit mehr als das: Kult. Und er ist quasipraktisch alterslos, weil er das innere Kind nie hat ausziehen lassen und bis heute gleichberechtigt mit ihm im selben Manne wohnt. Seine Art, aufzutreten, nennt Otto bis heute „Rumtoben“, der Begriff „altersgerecht“ ist für ihn immer ein Fremdwort geblieben. Aus dieser Haltung wird jeder Witz zum Befreiungsschlag, jede Grimasse zur Charme-Offensive.

In den 70er-Jahren spielte eine ganze Generation Sketche aus der Otto-Show auf dem Schulhof nach, viele können die Texte heute noch. Der Organ-Dialog am Tresen („Leber an Großhirn – wo bleibt denn der Alkohol?“), Susi und ihr Föhn, das Wort zum Montag, der Angeklagte, der den Mast zersägt – all das entwickelte sich aus den verhaspelten Gitarren-Auftritten des Hamburger Lehramtsstudenten Waalkes, bei denen die skurrilen Ansagen und verhaspelten Entschuldigungen irgendwann gefragter waren als die Songs dazwischen. Nach Maßgabe der Küchenpsychologie dürfte der eher unscheinbare, spillerige Typ mit dem fisseligen Blondhaar schon als Jugendlicher bei den Mädels mit Witz gepunktet haben.

Otto wirkte bald wie ein Heinz Erhardt auf Ecstasy

Auf den Hamburger Bühnen aber wirkte Otto bald wie ein Heinz Erhardt auf Ecstasy, als Vorbilder hat er auch mal die Blödel-Könige Karl Dall und Ingo Insterburg genannt. Aber die Karriere war kein Zufall: Schon 1973, als Otto mit Udo Lindenberg und Marius Müller-Westernhagen in einer 14-Zimmer-Villa an der Hamburger Außenalster als „Villa Kunterbunt“-WG lebte, wohnte dort schon Ottos Manager Hans-Otto Mertens. Mit ihm gründete Waalkes auch das Plattenlabel „Rüssl Räckords“, weil niemand sonst eine Otto-LP mit Live-Aufnahmen rausbringen wollte. Allein die erste davon errang mit über 500.000 Verkäufen Platin-Status.

Und längst nicht jeder Witz war selbstgemacht. Qualitäts-Satiriker wie Robert Gernhardt und Bernd Eilert ließen als Ghostwriter für Otto auch ganz gerne mal ihr inneres Kind rumtoben. All das mündete in eine schier endlose Erfolgsspur: Fünf „Otto“-Filme und etliche mit den „7 Zwergen“ waren Kinokassenküller, und das Faultier Sid in den „Ice Age“-Filmen wurde vor über 20 Jahren erst durch Ottos lispelnde Trottelstimme richtig gut – der amerikanische Synchronsprecher John Leguizamo musste nach einer Weile Otto nachahmen, weil der Film in Deutschland erfolgreicher als in den USA war.

Otto weiß eben, wo vorn ist.