Düsseldorf. Sonne weg, Kino da: Die „Filmschauplätze NRW“-Reihe wird in diesem Sommer 25 Jahre alt. Das Umsonst-und-Draußen-Festival hat viele treue Fans.

Letzten Sommer, das war der Film, in dem Schorsch ein neues Leben beginnt und mit seinem Ultraleichtflugzeug einfach wegfliegt, da drohte Letzteres der Leinwand. Erst war es einer dieser idealen „Filmschauplatz“-Abende: herrliches Wetter, ein lauer Sommerabend im späten Juni.

Aber Eero Sossinka, Vorführer und darum stets bereit als cineastischer Katastrophenhelfer, kann halt nicht anfangen, ehe es dunkel wird draußen. Und da sieht Sossinka sie kommen: die schwarze Wand aus Sturm und Starkregen Richtung Heiligenhaus. Am Ende steht beim Open Air-Kino die Landebahn des Flugplatzes Meiersberg unter Wasser. Im trockenen Hangar: die treue Fangemeinde. Und der Vorführer schickt Schorschs Schicksal durch einen klitzekleinen Spalt in der Hangartür auf die Leinwand, die ein hastig erkämpftes Bettlaken auf flott zusammengebauten Dachlatten ist, „irgendwas, wo ich draufprojizieren kann, brauch’ ich ja!“

Filmschauplätze NRW: Treue Fans, stolze Gastgeber

Mehr Herzblut-Geschichte kann ein Festival, das in diesem Sommer 25 Jahre alt wird, nicht haben. Oder doch? Fragt man Anna Fantl, die die Filmschauplätze vor einem Vierteljahrhundert nach NRW lotste, fallen ihr hundert Dinge ein. Die treuen wetterfesten Fans. Die, die hier Freunde fanden, mit denen sie sich für den nächsten Abend unter nächtlichem Himmel verabreden. Und erst der Stolz und das „wahnsinnige Engagement“ der Gastgeber, wenn aus Düsseldorfs Filmstiftung weißer Rauch aufsteigt mit der Botschaft „Wir kommen diesen Sommer zu Euch!“.

Ohne sie kein Filmschauplatz: Macherin Anna Fantl und Vorführer Eero Sossinka.
Ohne sie kein Filmschauplatz: Macherin Anna Fantl und Vorführer Eero Sossinka. © Hojabr Riahi - Film- und Medienstiftung NRW

Fantl: „Die freuen sich Stein und Bein, wenn sie den Zuschlag kriegen.“ Die Macher reisen an nach einem bewährten Prinzip: Sie bringen samt Vorführwagen und Gestühl einen Kinofilm, der Schauplatz bietet im Gegenzug jene Kulisse, die der Handlung charmant dekorative Deckung gibt. Deshalb flog letztes Jahr „Eddie the Eagle“ am Fuß der St. Georg Schanze im sauerländischen Winterberg. Der Park von Recklinghausens Festspielhaus machte 2019 den „Vorhang auf für Cyrano“, „Goethe“ spielte vor der Kulisse von Schloss Hardenberg, „Die Päpstin“ auf Nottulns Kirchplatz – und niemand in Oberhausen war beleidigt, als man den Siedlungsschreck „Ein Mann namens Ove“ in Osterfeld über die Leinwand grummeln ließ.

Kino, umsonst und draußen: Filmschauplätze NRW

Nach dem Vorbild der französischen „Cinesites“ schufen Fantl und ihr Team ein Fest der Sommerlichtspiele: umsonst, immer draußen. Der Probedurchlauf: fünf Orte, fünf Filme. „Es war sofort ein Riesenerfolg“, sagt Fantl, die bis heute Kopf des Festivals ist, nunmehr mit stolzen 20 Filmen pro Sommer. An 210 Orten waren sie schon.

„Könn’ Se nich’ auch ma’ zu uns kommen?“ Aus dem Spruch, etwa von Zufallsbesuchern, die ins Freilichtkino stolpern, hat Fantl mehr als einmal großes Kino gemacht. Bedingung für Bewerber von Alpen bis Zülpich? Neben der Infrastruktur steuert der Gastgeber ein Programm bei. Führungen zum Austragungsort liebt das Publikum. Es darf aber auch die lokale Live-Band sein oder jener rotwangige Selfmade-Kabarettist, der letzten Sommer in einem münsterländischen Dorf den Bauern vom Dienst gab. Fantl begeistert solcher Mut aus der Hefe der Bevölkerung bis heute: „Sie hätten sich schimmelig gelacht!“

Die totale Hürdenfreiheit der „Filmschauplätze“ weitab hochnäsiger Cineastik schreibt Fantl gern auf ihre Fahne, nennt sich „die Abteilung Volks- und Brauchtum“. Das Filmband in Silber für sie und die Ihren also. Darf man auf 25 weitere Jahre hoffen? „Ich riskiere ein Ja!“

Die Filmschauplätze diesen Sommer im Ruhrgebiet

Die Kino-Orte des 2023er Jahrgangs im Ruhrgebiet:

Die Zeche Waltrop (Foto), eine der schönsten aus den großen Zeiten des Reviers, ist Schauplatz für „Der Nachname“ (29.6.). Vielleicht half der Ortswahl die Tatsache, dass die Komödie in besten Kreisen in jener Anlage spielt, auf der der noble „Manufactum“-Handel residiert.

Die Gestrandeten von „Triangle of Sadness“ (3.7.) gelangen am Stadthafen von Recklinghausen ans Ufer. Der hat zwar Industrietradition, aber zugleich eine fesche Beach-Bar, passt!

Ein moderner Klassiker wird im Park von Velberts Schloss Hardenberg gezeigt „Wie im Himmel“ (13.7.) erzählt nicht zuletzt davon, wie man in der Provinz (!) ein neues Leben beginnen kann.

Die schweren Geschütze, die Tom Cruise 1986 in „Top Gun“ (14.7.) auffuhr, landen auf dem Flugplatz Meiersberg in Heiligenhaus. Abenteurer unter den Gästen können vorab Motorflüge buchen!

Royales Ruhrgebiet: Das einst vom Adel bewohnte Haus Wenge in Dortmund-Lanstrop wird die Kulisse für „Spencer“ (16.7.): großes Drama um Diana. Der Vorfilm heißt bezeichnenderweise „Anti Cupido“.

„Wir sind Champions“ (27.7.) auf Osterfelds Markt schießt das Sport-Thema ins Rahmenprogramm: „Bälle werfen, Körbe versenken oder ne ruhige Kugel schieben“.

Vorprogramme ab dem frühen Abend, Filme ab ca. 22 Uhr. Details: filmschauplaetze.de

Eine Übersicht weiterer Open-Air-Kinos in der Region gibt es hier.