Essen. Die Stars stehen Schlange, um in seinen typischen Puppentheaterkulissen mitspielen zu dürfen – auch in Wes Andersons neuem Film „Asteroid City“.

Eines der großen Rätsel bei Wes Anderson ist ja, was eigentlich der Casting-Beauftragte so macht. Denn es spielen doch eh immer die gleichen Stars mit. So auch in seinem jüngsten Werk „Asteroid City“, wo die Stars in der Wüste von Arizona zahlreicher sind als am Himmel.

Tilda Swinton, Edward Norton, Bryan Cranston, Matt Dillon, Adrien Brody, Willem Dafoe, Jeff Goldblum – um nur mal ein paar zu nennen. Ach ja, und erstmals im Anderson-Universum: Scarlett Johansson und Tom Hanks - die den Film jüngst in Cannes vorstellten. Nur einmal, vor fünf Jahren, machte er mit „Isle of Dogs“ eine Ausnahme und setzte auf animierte Hunde.

Anderson („The French Dispatch“, „The Royal Tenenbaums“, „Moonrise Kingdom“, „Grand Budapest Hotel“) hat also ein Ensemble um sich geschart und zahlt angeblich auch nur den Schauspielermindestlohn von 4000 Dollar die Woche. Dieses kärgliche Leben der gewöhnlichen Schauspieler thematisiert der neue Film in der schwarz-weißen Rahmenhandlung, in der die Inszenierung eines Theaterstücks gezeigt und moderiert wird - namens „Asteroid City“. Und zwischendurch, schön ordentlich in drei Akte und diverse Szenen aufgeteilt, wird das Ganze als Farbfilm im typischen Wes-Anderson-Puppenhaus- und Modellbau-Stil gezeigt.

Jeff Goldblum macht als Alien die Fliege

Der Hauptplot: Ein Vater (Jason Schwartzman als Augie Steenbeck) mit seinen vier Kindern, Drillingstöchter plus dem älterer Sohn Woodrow (Jake Ryan), strandet mit defektem Fahrzeug in den Mittfünfzigern in Asteroid City, wo eine große Preisverleihung stattfindet für Hochbegabte, die bemerkenswerte Erfindungen gemacht haben. Brainiac-Superhirn Woodrow gehört dazu. Er und vier weitere Teenager mit Irrsinns-IQ bekommen im Asteroidenkrater von einem hochdekorierten General fantastisch klingende Auszeichnungen wie „Weißer-Zwerg-Leistungsmedaille“.

Daneben geht es noch um eine kleinere Liebesaffäre des frisch verwitweten Vaters mit der zwischen Marylin und Romy angelegten Filmdiva Midge Campbell (Scarlett Johansson). Papa Augie muss jedoch auch - auf Drängen von Schwiegervater Stanley Zak (Tom Hanks) – seinen Kindern jetzt und hier erklären, dass in der mitgeführten Tupperdose die Asche ihrer Mutter ist.

Wie sage ich es meinen Kindern? Jason Schwartzman als Augie Steenbeck und Tom Hanks als dessen Schwiegervater Stanley Zak haben nicht immer so einen kurzen Draht wie es hier den Anschein hat.>
Wie sage ich es meinen Kindern? Jason Schwartzman als Augie Steenbeck und Tom Hanks als dessen Schwiegervater Stanley Zak haben nicht immer so einen kurzen Draht wie es hier den Anschein hat.> © Courtesy of Pop. 87 Productions/Focus Features

Das reicht natürlich nicht an Absurdität, also kommt dummerweise ausgerechnet während des wissenschaftlichen Begleitprogramms, als alle ohnehin in den Himmel starren, um ein seltenes kosmisches Phänomen zu bewundern, ein Alien (Jeff Goldblum, den man aber nicht erkennt) vorbei und klaut ausgerechnet jenen Asteroiden, der vor 5000 Jahren den Krater in die Wüste geschlagen hat. Das Alien zeigt etwa jener Mimik und Gestik, mit der man den übern Zaun geschossenen Fußball aus dem Garten des bösen Nachbarn mit Schäferhund holt.

So nehmen die Ereignisse ihren manchmal zu erwartbaren Lauf: Das Militär (Jeffrey Wright als General Gibson) riegelt ab, es gibt eine Nachrichtensperre und die wird natürlich durch die hochbegabten Kinder torpediert. Warum und wozu das alles, das wird halbwegs schlüssig erklärt, aber eben nur halbwegs. Beinahe wirkt es so, als habe Wes Anderson bewusst einen luftleeren Plot geschaffen, in dem Stars und Ausstattung über das Fehlende hinwegspielen sollen.

Fusion von Broadway und Hollywood der 50er-Jahre

Sein als Kinofilm getarntes Puppenspiel kippt in wahrlich absurdes Theater. Anderson versucht gewissermaßen, die 50er-Jahre von Broadway und Hollywood in einem Film zu fusionieren. Und das ist womöglich die große Schwäche dieses Films, der zu wenig spielt und zu viel reflektiert, sich selbst bricht und sich dabei manchmal auch im Spiegel der eigenen Eitelkeit sonnt.

Schön anzuschauen ist das dennoch – vielleicht gab es noch nie ein so andersonhaftes Setting wie in dieser 50er Jahre-Technicolor-Wüste (übrigens in Spanien vorgefunden) mit den zahllosen Anspielungen auf die US-Mythen vom Diner, vom Forschungsoptimismus – . bis hin zum Roadrunner, dem „Miep-Miep“-Vogel, der ab und an verstört durchs Bild läuft. In dieser Idylle nimmt man auch Atombombentests im Hintergrund achselzuckend hin und träumt sich in die unendlichen Weiten des. Weltraums..

Ein kleines Anderson-Universum also, das dass große Ganze spiegeln möchte. Schauwerte bietet die Bühnenoptik genauso wie die Stars, die in Bühnensprache ihre Dialoge führen. Doch in der Mitte gähnt ein Krater – auch im übertragenen Sinne: toll anzuschauen, aber im Grunde nur ein Loch.