Köln. Nur ein Konzert in Deutschland, das gab es in Köln. Also eine ausverkaufte Arena in der Domstadt für Post Malone. Wir waren dabei.

Um eine Gitarre zu bauen, braucht es bis zu vier Monate. Dafür, eine Gitarre zu Kleinholz zu verarbeiten, braucht Post Malone nur Sekunden. Packt sie am Hals, schmettert sie zu Boden, gibt ihr da den Rest. „rockstar“ heißt das Stück und so geriert sich der 27-Jährige auch. Aber er ist keiner. Oder doch?„Mein Name ist Austin Richard Post“, so hat er sich zu Beginn seines einzigen Deutschlandskonzerts, Montag in der ausverkauften Kölner Arena vorgestellt. um dann die Devise auszugeben: „Let’s party!“ Lasst uns zusammen feiern.

Klingt für einen, der bei den weltweit verkauften Einheiten seiner Songs und Alben ganz vorne mitmischt, sehr bescheiden. Offiziell firmiert er als Rapper. Aber machen Rapper solche Musik? Die mal ganz melodisch und relaxed klingt, verträumt, weich flutend, bisweilen fast schwebend und entgrenzt, mal so vergnügt glucksend wie ein Kinderlied, ansteckende Fröhlichkeit verbreitend, Soundlandschaften zum Kanon-Gebirge auftürmend, cooler HipHop, melancholischer Folk, trappige Tunes, fluffiger Pop, ein Spritzer Country, Rock’n’Roll-Reminiszenzen, kehliger Sprechgesang, ultimative Traurigkeit bei „I Fall Apart“: „Dabei geht es darum, wie mein Herz gebrochen wurde. Ich bin nicht der einzige, dem das widerfahren ist.“

Post Melone in Köln: Das einzige Konzert des Amerikaners in Deutschland

Der Mann steckt voller Widersprüche. Er entzieht sich Einordnungen. Und erzielt damit immense Wirkung. Von weitem lässt ihn sein tätowiertes Gesicht so aussehen wie einen Maori-Krieger. Er trägt Shorts. Er trinkt Bier: „Prost!“. Er wischt sich mit dem Saum seines T-Shirts den Schweiß vor Gesicht. Er raucht. Zwei Kippen in zwei Stunden. Aber die nicht mal ganz. Das macht den Schnitt kaputt. Sonst sind es bis zu 80 am Tag. Er trägt zwölfkarätige Diamanten auf den Zähnen. Und wenn die weh tun, dann macht das „Twelve Carat Toothache“, zwölfkarätige Zahnschmerzen. So heißt sein aktuelles, viertes Album.

Diamanten auf den Zähnen, das „F...“_Wort auf der Zunge

Und seine Ansagen spickt er mit soviel „fuckings“, das, wäre man Sterntaler und jedes F-Wort verwandelte sich in eine Goldmünze, man am Ende des Abends steinreich sein müsste. Über einer gigantischen Bühnenlandschaft schweben fünf blinkende Ufos, die sich herabsenken lassen, auf runde Plattformen, bis auf Post-Malone-Höhe, senkrechte Lichtstrahlen verbinden beide Elemente wie Säulen. Dazwischen tanzt er, so als hätte er Knochen aus Gummi, schlenkernd, zuckend, wackelnd. Dazu ein Pyro-Spektakel, so fett, wie man es eher bei Rammstein vermuten würde. Meterhohe Flammenfontänen, Funkenregenwasserfälle, Nebelwände, ölig oszillierende Wolkentürme.

Immer wieder reicht Post Malone, auf dem Laufsteg liegend oder hockend den Fans im Innenraum seine Hände. Bei „Stay“ streichelt er auf der Mittelbühne den Honigbauch seiner Gitarre, als sei das der seiner Geliebten. Und über den Catwalk federt er, als ginge es zum Tennismatch. „Lemon Tree“, „Circles“, „Take What You Want“ – die Tausendschaft tobt. Fast kaum jemand dabei, der über 30 ist. Geschweige denn älter. Party-Orkan. Auf dem Zenit, als „Posty“ als Überraschungsgast den deutschen Überflieger-Rapper Apache 207 aus dem Hut zaubert. Ob der wirklich „der schönste Mann auf der Welt ist“, wie Malone beim Abschied über ihn sagt?

Rapper Apache als Überraschungsgast von Post Malone

„Sunflower“ mit Swae Lee aus dem Vorprogramm, alle formen Herzen mit ihren Händen, das Publikum reicht passend Sonnenblumen. Tanzwut bei „Chemical“. Wir sollen die bleiben, die wir sind. Wir können alles schaffen. „Ich bin jetzt 27, ich bin jetzt ein Dad“, sagt Post Malone. Wir machen die Welt zu einem Ort, wo er seine Tochter großziehen kann. „Congratulations“. Und „White Iverson“ als Krönung.

Bis zu vier Monate braucht es, um eine Gitarre zu bauen. Um sie zu Kleinholz zu verarbeiten, braucht Post Malone nur Sekunden. Anschließend sammelt er die Einzelteile so vorsichtig auf, als seien das die Scherben vom Teeservice mit dem Goldrand, das ihm die Urgroßtante vererbt hat. Und verteilt sie dann an seine Fans. Ein Rockstar? Wenn ja, dann ein achtsamer.