Köln. Katie Melua spielt im Palladium. Es ist ein ruhiger, stellenweise fast kontemplativer Abend, mit Musikern, die sehr zurückgenommen agieren.
Blasses Gelb reicht nicht aus fürs Gold der Kornfelder. Und zartes Türkis nicht fürs Azurblau des Himmels. Aber einen Moment lang, besonders dann, wenn sich das blasse Gelb zur Farbe reifer Ähren vertieft, glaubt man, gleich käme ein Statement. Aber die ukrainische Nationalflagge wird es dann doch nicht, am Ende des Konzerts von Katie Melua, am Sonntagabend im Kölner Palladium.
Rein von den technischen Möglichkeiten her wäre das durchaus drin gewesen. Die Stoffbahnen, die die Kulisse für die 38-Jährige und ihre vier Musiker bilden, erglühen im Laufe des (mit Pause) zweistündigen Abends in Flieder, Magenta oder Violett. Mal sieht es aus, als ränne auf ihnen blaue, stark verdünnte, Tinte hernieder oder Honig flösse in schweren Schlieren abwärts. Weiße Federn wie darüber gepustet, tanzende Lichtpunkte, schneeflockengleich.
Katie Melua - Garantin für leise, aber nie laue Töne
Muss eine wie Melua, die in Georgien geboren wurde, auf der Bühne zwingend politisch-korrekte Farbe(n) bekennen? Als sie mit ihre Familie nach Nordirland zog, war sie neun Jahre alt. Zehn Jahre später erschien ihr Debüt-Album „Call Off The Search“. Spätestens seitdem sie 2005 die „Nine Million Bicycles“, die durch Peking rollen, so delikat dahintupfte, als sei das ein Popmusik gewordenes Gemälde, ist sie eine Garantin für leise, aber nie laue Töne, deren Stärke sich aus ihrer scheinbaren Zerbrechlichkeit speist.
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Beim Kölner Konzert in der bestuhlten, ausverkauften Halle verhehlt sie nicht, dass harte Zeiten hinter ihr liegen: Erst die Scheidung, dann die Pandemie. Aber schließlich eine neue Beziehung, und im März dann das neue Album. Während sie daran arbeitete, war sie schwanger. Seit November 2022 ist sie Mutter. Eine, die das Glück hat, Kind und Beruf miteinander vereinbaren zu können: „Sandro, mein Sohn, schläft backstage“.
„I Cried for You“ öffnet alle Schleusen
Es ist ein ruhiger, stellenweise fast kontemplativer Abend, mit Musikern, die sehr zurückgenommen agieren. Was durchaus positiv gemeint ist. Und zu den Botschaften passt, die neue Stücke von „Love & Money“ wie „Golden Record“, „14 Windows“ oder „Those Sweet Days“ transportieren: sich selbst treu bleiben, inneren Frieden finden, aus der Ruhe Kraft schöpfen. In „Quiet Moves“ geht es um den Grund für die Rückkehr der Schmetterlingsgefühle, „Darling Star“ ist eine Liebeserklärung an jemand, der das Lieben leicht, das Dunkle heller macht. Selbst Blacks „Wonderful Life“ verliert in Meluas Version die sarkastische Süße des schönen Scheiterns, die das Original auszeichnet.
Um das von Harmonie und Hormonen sukzessiv sedierte Publikum aufzurütteln, bedarf es des Erz-Hits „The Closest Thing to Crazy“. Und erst mit den Zugaben kann Melua da wieder anknüpfen. „I Cried for You“ öffnet alle Schleusen. Jeder Ton eine Träne. Jede Silbe ein Schluchzer. Ja, natürlich. Liebesglück ist schön. Aber Liebeskummer singt sich besser.