Herne. Stabübergabe und Premiere in einem: „Ganz in Weiß“ feierte Mondpalast-Premiere, nicht mehr unter Christian Stratmanns Theaterleitung...

Sie träumen vom schönsten Tag ihres Lebens. In der „Ecke“, einer rustikalen Kickerkneipe, üben die beiden Verliebten schon mal den Gang vor den Traualtar. „Ja, ich will“, himmelt Leonie ihren Leo an. „Ja, ich weiß“, die noch nicht ganz perfekte Antwort. Was beide allerdings noch nicht wissen: Die übergriffigen Eltern werden die Hochzeitsvorbereitungen nach Kräften torpedieren. Ob es am Ende doch noch eine Party „Ganz in Weiß!?“ geben wird, das verrät die gleichnamige Komödie im Wanne-Eickeler „Mondpalast“.Fürs Publikum, das die Premiere mit großem Jubel und stehenden Ovationen feierte, geriet die pralle Produktion aus der Feder von Hausautor Sigi Domke auf jeden Fall zu einem Freudenfest der guten Unterhaltung. Und das vor allem dank flotten Wortwitzes, genialer Gags, echter Kalauer („Sprüche über Veganer kannst du dir schinken“) und einer Geschichte mitten aus dem ganz normalen Alltagswahnsinn.

Die theatralische Hochzeit mit Hindernissen in der Regie von Gründungsintendant Thomas Rech dokumentierte zudem einen weitgehend nahtlosen Übergang in der Leitung des Hauses. Der 35-jährige Kulturmanager Marvin Boettcher übernahm überzeugend den Staffelstab von Theatergründer Christian Stratmann. Der aber bleibt, was er seit zwei Jahrzehnten überaus erfolgreich ist: der Prinzipal des legendären Volkstheaters.

„Ganz in Weiß“ im Mondpalast. Generationskonflikt knallhart und kurzweilig

Das bringt nun den ewigen Konflikt der Generationen knallhart und kurzweilig auf die multifunktionale Bühne. Das heiratswillige Liebespärchen (brav gespielt von Melanie Linka und Dominik Brünnig) plant eine schlichte Feier ohne Schnickschnack, Geschenke und weißem Kleid. Die Brauteltern (herrlich überkandidelt Silke Volkner und prollig-derb Martin Zaik) dagegen fordern unerbittlich ein prächtiges Fest mit allem Pomp und Pathos. Was wiederum die Alt-Revoluzzer-Schwiegereltern auf die Barrikaden bringt. Leos Vater, den Axel Schönneberg manchmal zu lautstark als herrlich schusseligen Hippie gibt, und seine Mutter (Maewa Ferstl) kämpfen gegen jede Form von bürgerlicher Piefigkeit.

Längen in den Dialogen, großartige Nebendarsteller

Gerät mancher Disput zwischen Jugend und unterschiedlich tickender Elterngeneration zu sehr in die Länge, bringt ein wunderbarer Kunstgriff das Schiff immer wieder in Fahrt. Es ist ein schräges Duo in Dirndl und Lederhose, das mitspielt und aus dem Stück heraustritt, das kommentiert, philosophiert und die Fäden zieht, das reimt und aufräumt. Astrid Breidbach großartig diabolisch und streng kommandierend als Mika und Heiko Büscher clownesk devot und tollpatschig als Nobbi geben großartig Kellner, Köchin und Trauzeugen . Sie avancieren zu herausragenden, spielfreudigen Komödianten.

Zwischen Fußballkneipe und Brautmodenladen

Und wenn es mal zu wild wird in der „Ecke“, schnipst Mika als heimliche Regisseurin mit den Fingern und fordert: „Vorhang zu!“ Um dann ins Publikum zu fragen: „Wisst Ihr noch, wie schön es war, als man bei Helikopter zuerst an ‚Apokalypse Now‘ gedacht hat und nicht an Eltern?“ Allein dieses Duo ist jeden Besuch wert.

Arke Zeiß schuf für die Komödie mit wenigen Mitteln eine heimelige Bühne mit wechselnden Schauplätzen von der Fußballkneipe über den Brautmodenladen bis hin zum Luxusrestaurant. Der passende augenzwinkernd musikalische Rahmen reicht von Schlagern wie Heidi Brühls „Wir wollen niemals auseinander geh’n“ bis hin zu Roy Blacks „Ganz in Weiß“. Ob es für das Liebespärchen damit tatsächlich etwas wird, das bleibt die Überraschung ganz zum Schluss.

Weitere Vorstellungen: 28., 29., 30. April. 1., 5., 6., 7. 12., 13., 14. Mai. Karten ab 18,90 Euro unter 02325 588999. Infos: www.mondpalast.com