Neu im Kino diese Woche: „Crimes of the Future“, „Mrs. Harris und ein Kleid von Dior“, „Meinen Hass kriegt ihr nicht“, „Mein gestohlenes Land“.

„Crimes of the Future“

Die Welt in einer nicht mehr allzu fernen Zukunft befindet sich am ökologischen Tiefpunkt. Im Hafen liegen die Schiffe auf dem Trockenen, Personen bewegen sich nur wenige auf den Straßen, Pflanzen gibt es keine, Verkehr auch nicht. Und als ob das nicht genug wäre, wachsen Menschen auch noch neuartige Innenorgane. Während die Wissenschaft daran forscht, züchtet sich der Künstler Saul Tenser die Organe am eigenen Leib, um sie vor Publikum von seiner Partnerin Caprice (Leah Seydoux) entfernen zu lassen. Regierungsbehörden, Scharlatane und Umstürzler treiben Tenser zwischen alle Fronten.

David Cronenberg entwickelte einst mit Filmen wie „Scanners“ und „Die Fliege“ eine aufregend radikale Synthese aus Science Fiction, Gewalt und Körperekel, die da faszinierte, wo Cronenberg sich in herkömmlichem erzählerischen Rahmen bewegte. Andere Werke verloren sich in diffusen Gedankenspielen, die selbst Fans verschreckten. Was auch für seinen jüngsten Film gilt. Maskiert wie ein verwunschener Mönch bewegt sich Viggo Mortensen durch ein zähes Endzeitszenario der unausgegorenen Handlungsmotive und Figurenskizzen. Im illustren Ensemble der Nebenakteure findet sich Prominenz (Kristen Stewart), Altgedientes (Don McKellar) und jede Menge Vielversprechendes, aber nichts kommt über Ansätze hinaus. 90 Minuten lang treibt man in eine immer tiefere Trance der Gleichgültigkeit, dann geschehen plötzlich Morde, und wenn das Interesse langsam wieder erwacht und man sich fragt, wohin das Ganze treibt, hört der Film plötzlich auf.

Cronenberg ließ sich auch schon über Schönheitswettbewerbe für innere Organe am lebenden Objekt vernehmen. Das ist aber noch lange kein Grund, im Kino langweilig zu erzählen.

„Mrs. Harris und ein Kleid von Dior“

Eine englische Putzfrau entdeckt ihre Leidenschaft für die Haute Couture des Modeschöpfers Christian Dior. Sie reist mit hart erspartem Geld nach Paris und erlebt dort die eisige Arroganz der prominenten Kundschaft, aber auch Entgegenkommen von unerwarteter Seite. Eine herzensgute, in allen Tugenden tadellose Dame aus der Arbeiterklasse: eine leichte Übung für Lesley Manville (Prinzessin Margaret aus „The Crown“) in einer Rolle, die US-Schriftsteller Paul Gallico 1957 (im Jahr von Diors Tod) erfand. Angela Lansbury spielte die Figur im englischen Fernsehen, in Deutschland schlüpfte Inge Meysel sechsmal in die Rolle. Der Kinoauftritt der sympathischen, etwas leichtgläubigen Harris als Aschenputtel im Tempel der Eitelkeiten bedient mit simpler Charakterzeichnung alle Register eines modernen Märchens und tüncht alles in ein dekoratives Zuckerbäckerwerk der nostalgischen Schauwerte. Subtil oder elegant ist daran nichts; aber es unterhält mit einem naiven Schwung, der unweigerlich mit sich reißt. Und mal ehrlich: Eine solche Mrs. Harris hätten wir doch selber gern im Bekanntenkreis. Ein Kleid von Dior im Schrank sowieso.

„Mein gestohlenes Land“

Der dokumentarische Bericht darüber, wie Ecuador an zahlungskräftige chinesische Wirtschaftsunternehmen ausverkauft wurde und wie die indigene Bevölkerung sich zu wehren begann, als Ausbeutung und Umweltverschmutzung überhandnahmen. Das ist journalistisch erhellend und auch dann nah dran am Geschehen, wenn brenzlig wird. Doku-Kino im Stil eines Politthrillers. Marc Wiese hat einen sehr spannenden Film geschaffen.

„Meinen Hass bekommt ihr nicht“

Der Vater eines dreijährigen Jungen steigt zum Medienstar und Bestsellerautor auf, als er den Tod seiner Frau im Pariser Club Bataclan mit einer Facebook-Botschaft verarbeitet. Ein großes Thema in kleiner filmischer Umsetzung (Regie: Kilian Riedhof), die die humanistische Geste eines Verzweifelten abendfüllend ausrollt. Darstellerisch enervierend und weitgehend frei von Bildern, die Anteilnahme auslösen könnten.