Köln. Das Musical „Moulin Rouge“ ist in Köln gestartet. Lohnt ein Besuch der mit über 20 Millionen Euro teuersten Show des Jahres in NRW?

Kommen Sie ruhig ein wenig früher zur Vorstellung. Schon des Saales wegen. So viel Plüsch und Samt ! Alles in Rot und beleuchtet von sage und schreibe 39 großen Kronleuchtern und zwei Kilometern Lichterkette. Rechts schaut ein überdimensionaler Elefantenkopf aus der Wand, links steht eine Windmühle. Überall blinken Glühbirnen, leuchten Herzen und vorne über der Bühne schwebt der riesige Neon-Schriftzug „Moulin Rouge“. An diesem Wochenende feierte das mit Preisen überschüttete Broadway-Musical im Kölner Musical Dome seine Deutschlandpremiere.

Auch interessant

Die Show beginnt denn auch schon vor der Show. Einen klassischen Vorhang gibt es gar nicht, bereits kurz nach Öffnung der Saaltüren sind die ersten Darsteller auf der Bühne zu sehen. Männer in Frack und mit Zylinder rauchen Zigarre, Frauen in Mieder und Strapsen streifen zu entspannter Musik lasziv durch die Kulisse. Dann grollt plötzlich von irgendwoher ein tiefer Bass, das Neon-Schild hebt sich und vier Tänzerinnen fragen: Voulez vous coucher avec moi?

Nach dem Kino-Musical von Baz Luhrmann

Unglückliche Liebe: Christian (Ricardo Greco) und Satine (Sophie Berner).
Unglückliche Liebe: Christian (Ricardo Greco) und Satine (Sophie Berner). © imago/Horst Galuschka

Das Musical spielt im Paris des ausgehenden 19. Jahrhunderts und basiert auf dem gleichnamigen Kino-Musical von Baz Luhrmann, damals mit Nicole Kidman und Ewan McGregor in den Hauptrollen. Erzählt wird dort wie hier die Geschichte des mittellosen Schriftstellers Christian (Ricardo Greco), der sich in Satine (Sophie Berner) verliebt, den einst schillernden Star des legendären Pariser Nachtclubs. Aber es ist keine ungetrübte Liebe, denn zwischen ihnen steht der Duke of Monroth (Gian Marco Schiaretti), der das marode Moulin Rouge kaufen will, dafür aber ein gewisses Entgegenkommen von Satine erwartet. Außerdem steht es um die Gesundheit der Tänzerin nicht zum Besten.

Moulin Rouge ist kein Musical, wie man es kennt. Es gibt kein Lied, das speziell dafür geschrieben wurde. In dieser Roten Mühle werden fast alle Lieder nicht aus-, sondern nur angespielt. Manchmal sind nur ein oder zwei Zeilen von Songs zu hören, herausgerissen aus ihrem Original-Umfeld und so an die vorherige Nummer gereiht, dass sie die höchst unterhaltsam weiter erzählen. Mash-Up nennt man so etwas gern, und auf diese Weise werden in 75 Songs aus gut 60 Jahren Pop- und Rockmusik für Sekunden oder Minuten wieder zum Leben erweckt.

Große Frage: Wie viele Lieder muss man übersetzen?

Auch interessant

Für die Kölner Aufführung war das allerdings eine besondere Herausforderung. Denn sie ist die erste, die in einem nicht englischsprachigen Land läuft. Beim Unternehmen MehrBB-Entertainment das zur britischen Ambassador Theatre Group gehört und inklusive Umbau rund 24 Millionen in die Show gesteckt hat, sorgte das für Kopfzerbrechen: Wie viele dieser Lieder soll man, ja muss man übersetzen, damit ein deutsches Publikum der Geschichte folgen kann?

Hieß es anfangs noch, man wolle höchstens die gesprochenen Übergänge zwischen den Songs eindeutschen, ist man nach den ersten Testvorführungen und Besucherbefragungen umgeschwenkt. Nun sind geschätzt rund 80 Prozent der Songs übersetzt worden, einige Nummern wurden sogar komplett gegen deutsche Lieder ausgetauscht. Die meisten „Regionalisierungen“ sind gelungen, mancher Pop-Klassiker aber klingt auf Deutsch fremder als im Original.

Auch klassischen Can Can gibt es im Musical Dome zu sehen
Auch klassischen Can Can gibt es im Musical Dome zu sehen © imago/Manngold | imago

Das Auge aber hat gar nichts zu meckern. Sensationell ist das immer wieder wechselnde Bühnenbild, nicht satt sehen kann man sich an den fantastischen Kostümen, mitreißend sind die Choreographien der Tanzszenen. Auch das Ohr wird verwöhnt. Star der durchweg guten Besetzung ist Ricardo Greco, der als armer US-Poet im Paris der Belle Epoque in jeder seiner Szenen glänzt.

Sophie Berner fehlt das Raue, die Aura der Gosse

Stimmlich kann Sophie Berner als alternde Diva problemlos mithalten. Aber obwohl sie vom Typ her durchaus ans Filmvorbild Nicole Kidman erinnert, fehlt ihr das Raue, sucht man vergeblich nach Spuren der Gosse, aus der ihre Figur ja stammt. Diese Satine ist ein wenig zu makellos, wirkt eher wie eine Tochter aus gutem Haus als wie eine vom Leben gezeichnete Kurtisane. Alles in allem ist das aber nur ein Tropfen Wasser in einem Fass voll gutem Wein.

Am Ende wird es erwartungsgemäß tragisch. Und wer sich dann umschaut im Publikum, der sieht tatsächlich nicht wenige Menschen, die unauffällig zu ihren Taschentüchern greifen. Aber niemand hier geht traurig nach Hause. Denn wenn alles erzählt ist in dieser Geschichte, kehrt der Cast zurück für ein furioses – ausschließlich auf Englisch gesungenes – Finale. Und natürlich ahnt man, womit es endet. Hey sista, go sista, soul sista, flow sista.

Chapeau!

Tickets & Termine

Vorstellungen im Musical Dome Köln: Di. und Mi. 19.30 Uhr, Do. und Fr. 20 Uhr, Sa. 15 und 20 Uhr , So. 15 und 19.30 Uhr; Die Türen öffnen jeweils 1,5 Stunden vor Vorstellungsbeginn, eine Stunde vor Beginn der Show sollte man - auch wegen der Taschenkontrolle da sein - Der Musical Dome liegt in unmittelbarer Nähe des Hauptbahnhofs. Wer mit dem Auto anreist, findet Parkmöglichkeiten direkt unter dem Dome oder am Bahnhof. Show-Tickets zwischen 49,90 und 99,90 Euro unter www.moulin-rouge-musical.de