Essen. „Wer hat hier schlechte Laune“. Max Raabe hält in schweren Zeiten mit neuen Songs gegen eine miese Stimmung. Wir haben ihn zum Gespräch getroffen.

Seit mehr als 30 Jahre zeigen Max Raabe und sein Palast Orchester mit elegant-süffisanten Liedern aus der Weimarer und der heutigen Zeit, dass Qualität keine Ermüdungserscheinungen kennt. Mit dem Album „Wer hat hier schlechte Laune“ geht der Wahlberliner aus Lünen jetzt einmal mehr mit Humor gegen Pessimismus vor. Steffen Rüth sprach mit ihm.

Der Krieg in der Ukraine ist weiterhin sehr präsent. Ist das Lied „Es wird wieder gut“ Ihr Beitrag zur momentanen Stimmung?

Raabe: Mir ist es wichtig, mit meiner Musik Optimismus zu verbreiten. Aber nichts, was auf dem neuen Album zu hören ist, soll die Welt erklären. Das ist gar nicht mein Anspruch. Ich greife nicht auf, was ich jeden Tag in der Zeitung lese. Ich möchte, dass die Leute die Welt und die Realität vergessen, wenn sie bei uns im Konzert sind oder das Album hören. Meine Lieder haben immer eine leichte ironische Distanz, auch zum Nachrichtengeschehen.

Fällt Ihnen ironische Distanz angesichts der Krisen schwerer?

Nein. Ich kann gar nicht anders. Der Krieg, Corona, die Energiekrise oder was auch immer haben nichts mit der Idee zu diesem Stück zu tun. Es geht um die Tatsache, dass man auch mal eine schwere Zeit durchmachen kann und trotzdem die Zuversicht nicht verliert und sagt: „Da komme ich wieder raus, das wird wieder gut.“

Sind Sie ein zäher Knochen?

Ich will mich nicht zu kämpferisch darstellen. Manchmal habe auch ich einen leichten Hang zur Melancholie, aber ich bin nicht schwermütig.

Heißen Sie die Melancholie willkommen?

Och, wenn sie kommt, sage ich zu ihr: „Setz dich kurz hin, was willst du trinken, aber danach muss ich los.“ Oft geht die Melancholie von selbst wieder, wenn sie merkt, ich habe keine Lust auf sie.

Woher kommt Ihre Zuversicht?

Ich erkenne an mir sehr vieles von meinen Eltern wieder. Vor allem meine Mutter hatte immer einen tiefen Optimismus, ohne das jedoch zu predigen. Sie strahlte ihn einfach aus. Mit der Corona-Malaise bin ich auch deshalb vergleichsweise gut zurechtgekommen, weil ich mir gesagt habe: Ich bin nicht schuld daran, dass wir nicht spielen können. Es liegt nicht daran, dass wir schlechter geworden sind oder uns niemand mehr sehen möchte.

Auf dem Albumcover posieren Sie mit einem Zebra. Sie sehen sehr gut aus zusammen mit dem Tier.

Vielen Dank. Das brave Tier heißt Mango und arbeitet hauptberuflich als Zebra. Ein wirklich ganz liebes Tier. Ich glaube, es fand unseren Ausflug ganz spannend, ist ja auch besser, als den ganzen Tag im Stall zu stehen. Aber natürlich hat das Zebra rein gar nichts damit zu tun, was wir auf dem Album machen.

Lauscht man Ihren Liedern, spürt man, wie wichtig ihnen Sprache ist.

Sehr. Ich achte beim Singen immer darauf, dass ich nichts vernuschele und immer gut verständlich bin. Ich weiß, dass in Sprachkursen öfters mal unsere Musik zum Einsatz kommt. Bei der Einreise in die USA holte ich mir mal meinen Stempel, und der Grenzbeamte sagte: „Oh, Herr Raabe, ich habe mit Ihrer Musik Deutsch gelernt. Kussen kann man nik alleine“. Das fand ich sehr nett.

Im Dezember werden Sie 60. Kann das Alter einer zeitlosen Erscheinung wie Ihnen überhaupt was anhaben?

Zeitlos bin ich nur, wenn man oben im Rang sitzt. Mein Rasierspiegel erzählt Ihnen etwas anderes. Aber im Kopf fühle ich mich an manchen Tagen immer noch wie 23. Ich freue mich, dass ich immer noch Musik machen und singen kann, dass ich fit bin, keine schweren Krankheiten und einen guten Freundeskreis habe. Es gibt so viel, für das ich jeden Tag dankbar sein kann – und das bin ich auch.

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DIE TOUR

Viele Auftritte von Max Raabe mit dem neuen Album sind in Nordrhein-Westfalen geplant. Hier eine Auswahl. Düsseldorf, Tonhalle (17.10); Wuppertal, Stadthalle (18.10); Duisburg, Mercatorhalle (17/18.11). 2023 werden Kölns Philharmonie (13/14.3), Dortmunds Konzerthaus (20/21.4) und Bochums Ruhr Congress (23.4) Stationen sein.