Dortmund. Donizettis Oper „Caterina Cornaro“ ist politisch und selten gespielt. Beim Dortmunder „Klangvokal“ gab es eine Wiederbelebung unter Starkstrom.

Man muss nicht alle Opern Gaetano Donizettis kennen, das wären mehr als 70. Gleichwohl trifft man gelegentlich auf vergessene Mauerblümchen, die eine Aufführung lohnen. Zumindest konzertant wie die „Lyrische Tragödie“ mit dem Titel „Caterina Cornaro“, die jetzt im Rahmen des Musikfestivals Klangvokal im recht mäßig gefüllten Dortmunder Konzerthaus mit überwältigender Begeisterung der Vergessenheit entrissen wurde.

Das 1844 in Neapel uraufgeführte Werk ist eins der letzten des vier Jahre später verstorbenen Komponisten. Nachhaltiger Erfolg war ihm bis heute nicht beschieden. Trotz der Gattungszeichnung als „lyrische Tragödie“ ist es dramatischer und härter angelegt als man es von Donizetti als einem Hauptvertreter des Belcanto gewohnt ist. Der melodische Süßstoff ist reduziert, und selbst die Titelrolle steht nicht so primadonnenhaft dominant im Zentrum wie in Donizettis Erfolgsopern von der „Lucia di Lammermoor“ bis zur „Anna Bolena“. Dafür wird der politische Aspekt umso stärker beleuchtet.

Donizettis „Caterina Cornaro“: ohne Happy End, aber auch kein Rührstück

„Die Handlung thematisiert die Unterwerfung Zyperns durch die Venezianer im 15. Jahrhundert. Caterina Cornaro aus einer einflussreichen zyprischen Familie wird zum Spielball politischer Intrigen, verzichtet auf ihre Liebe zum französischen Ritter Gerardo und heiratet den König Lusignano, um Zypern zu stärken. Der König wird ermordet, Caterina zur Königin Zyperns erhoben, allerdings unter der Herrschaft Venedigs. Ein Happy End ist das nicht. Aber auch kein herzzerreißendes Rührstück.

In Dortmund vereinigte man ein namhaftes Ensemble mit dem WDR Rundfunkchor und dem WDR Funkhausorchester Orchester, um das interessante Stück wiederzubeleben. Maestro Giacomo Sagripanti am Pult setzte vom ersten Ton an auf die dramatische Energie des Stücks. Allerdings so resolut, dass er die Sänger mächtig unter Druck setzte. Auch wenn Donizetti mit samtweichen Tönen geizt, hätte ein wenig mehr Rücksicht auf die Sänger nicht geschadet, die zwar nahezu ausnahmslos über konditionsstarke Stimmen verfügten, allerdings wie unter Starkstrom zu unnötigen Kraftakten gezwungen wurden. Eine ausgeglichene Gesangskultur hatte der Dirigent offenbar nicht im Visier.

Giacomo Sagripanti am Pult setzte die Sänger mächtig unter Druck

Roberta Mantegna in der Titelrolle konnte sich wie der mit tenoraler Strahlkraft überzeugende Dimitry Korchak als Ritter Gerardo und George Andguladze als venezianischer Intrigant Mocenigo mit seiner markanten Bassstimme zwar gegenüber dem orchestralen Überdruck durchsetzen und sorgte für manchen vokalen Höhepunkt, bekam aber wie ihre Kollegen wenig Gelegenheit, die Gesangslinien entspannt zu entfalten. Ausgerechnet Gérman E. Alcántara, der für die Rolle des Königs Lusignano kurzfristig einsprang, ließ sich noch am wenigsten von der orchestralen Druckwelle beeinflussen.

Die kleine, aber differenziert und keineswegs einfache Chorpartie war beim WDR Rundfunkchor bestens aufgehoben, das WDR Funkhausorchester folgte dem Dirigenten mit gewohnter Professionalität.

Das Publikum reagierte umso begeisterter, je kräftiger gesungen wurde. Insgesamt eine durchaus lohnende Begegnung mit einem vernachlässigten Werk des italienischen Repertoires.

Infos: www.klangvokal.de.