Recklinghausen. Unterhaltsam, zum Mitklatschen gar: auch so kann eine „Dreigroschenoper“ sein. Ein Abend ohne Widerhaken bei den Ruhrfestspielen 2022.
Berlins neue „Dreigroschenoper“ ist ein Kracher, ein Knaller, ein Knüller. Die brummt! Ganz ideal nicht zuletzt für die Touri-Busse, die die Amüsierbereiten am Schiffbauerdamm ausspucken. Einen Tag später vielleicht am Friedrichstadt-Palast. Und noch einen Tag später, werden die Besucher dann die beiden Veranstaltungen vielleicht nicht mehr so richtig auseinanderkriegen können.
Ein Bling-Bling-Vorhang wie aus alten Vegas-Tagen muss nichts bedeuten. Aber der hier sagt alles: Barrie Kosky, der bei Opern so gern nach dem Vorschlaghammer greift, nimmt dem Stück jeden Widerhaken. Was für ein aalglatter Spaß! Wer warum im populärsten aller Brecht-Werke was ist – man wird es nach drei Stunden kaum sagen können. Dieser Haifisch hat null Zähne. Aber bester Laune gehen die meisten heim. Lustig, ganz einfach durcherzählt, so schön an der Rampe serviert, so genusssüchtig abgesungen, dass man am Ende sich wehrlos ergibt, wenn der Regisseur auch noch das Mitklatschen zum Finale (des sehr sehr guten Weill-Orchesters) inszeniert. Da stand nicht nur das Publikum, mehr noch auf Recklinghausens Grünem Hügel stand: die Musikantenscheune.
Leicht verdauliche Dreigroschenoper bei den Ruhrfestspielen
Vielleicht hat Intendant Olaf Kröck das ja listig kalkuliert. Wer, wie er, den Festspielgästen massig Performances zumutet, sollte besser ab und an einen Pudding servieren, an dem man nun so gar nichts zu kauen hat. Aber ist dieser Zwischengang ideal von Brecht serviert?
Dann die banale Bühne: Rebecca Ringst raumgreifender Gitterkäfig ist in seinen Dutzenden Spielebenen ein Vielseitigkeitswunder mit eben dieser Schwäche: Hier könnte man von „Otello“ bis „West Side Story“ eigentlich alles rumturnen lassen. Apropos Musical! Wenn es – wie Kosky selbst andeutet – noch um Operette ginge, aber wo Nico Holonics Mackie Messer singt, regiert Alexander Klaws’ Lloyd-Webber-Tenor den Schurkenstaat von London. Eine Bettleroper, deren Ausgeh-Anzug zu schön ist, als dass irgendwas wahr an diesem Abend sein könnte. Aber so sehen Erfolge heute eben aus. Das Publikum war ganz aus dem Festspielhäuschen.