Bochum. Nach dem erfolgreichen „Hamiltonkomplex“ ist Regisseurin Lies Pauwels zurück in Bochum. In „Baroque“ arbeitet sie erneut mit Profis und Laien.

Das Zeitalter des Barock zwischen dem 16. und 17. Jahrhundert scheint von unserer Welt um Lichtjahre entfernt zu sein – oder doch nicht? In ihrer zweiten Bochumer Arbeit entdeckt die belgische Regisseurin Lies Pauwels erstaunliche Parallelen zwischen der damaligen Epoche und dem scheinbar so modernen Leben heutiger Zeit. „Baroque“ feiert am Samstag, 14. Mai, seine Premiere im Schauspielhaus Bochum.

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Lies Pauwels ist in Bochum gut bekannt, seit sie 2018 zum Start der Intendanz von Johan Simons das Stück „Der Hamiltonkomplex“ auf die Bühne der Kammerspiele brachte. Gezeigt wurde die Performance von 13 Mädchen im Alter von damals 13 Jahren, die gewissermaßen sich selber spielten. Ungewöhnlich offen erzählten sie darin von ihren Nöten und Gelüsten, von ihren Träumen und Sehnsüchten – und beim Anblick von Elyas M’Barek überkam alle der kollektive Kreischalarm. Einige riss der Abend von den Stühlen, andere rümpften ehe die Nase.

Aufwendiges Casting

Die Premiere von „Baroque“ findet am Samstag, 14. Mai, um 19.30 Uhr im Schauspielhaus statt. Wieder am 15., 20. und 24. Mai sowie 5. und 6. Juni. Dauer: etwa zwei Stunden ohne Pause.

Regisseurin Lies Pauwels ist bekannt für ihre Arbeit mit nicht-professionellen Schauspielerinnen und Schauspielern, die zuvor in einem aufwendigen Casting gesucht werden. Ein eindrucksvoller Bericht über das Auswahlverfahren zu „Baroque“ findet sich auf schauspielhausbochum.de/de/news/11615

Premiere von „Baroque“ am Samstag im Schauspielhaus Bochum

Wegen der Corona-Pandemie hat es einige Jahre gedauert, bis Lies Pauwels ihr neues Stück nach Bochum bringen kann. Wie oft in ihren Theaterarbeiten setzt sie dabei auf ein gut durchmischtes Ensemble aus Laien und Profis. Die Castings fanden bereits im Herbst 2020 statt, im Anschluss mussten die Proben lange Zeit unterbrochen werden. „Es ist eigentlich ein kleines Theaterwunder, dass die Gruppe nach 14 Monaten Pause immer noch zusammen ist“, sagt Dramaturg Vasco Boenisch.

In „Baroque“ bleibt Pauwels ihrer Arbeitsweise treu: Eine feste Handlung oder eine Geschichte gibt es nicht, dafür wird auf der Bühne viel ausprobiert und improvisiert. „Wir entwickeln das Stück während der Proben in ständigem Austausch untereinander“, sagt Lies Pauwels. Sämtliche Texte stammen dabei von der Regisseurin, nur ein Gedicht von Andreas Gryphius wurde tatsächlich dem Barock entnommen. Auch der Soundtrack spielt eine wesentliche Rolle, der aus Pop und Klassik besteht.

Die belgische Regisseurin Lies Pauwels arbeitet in ihren Stücken oft mit Profis und Laien zusammen.
Die belgische Regisseurin Lies Pauwels arbeitet in ihren Stücken oft mit Profis und Laien zusammen. © Schauspielhaus Bochum | Matthias Horn

Kriege und Krisen, Lebenslust und Verschwendung

Mit der Epoche des Barock spielt Pauwels auf vielfältige Weise: Das Zeitalter war geprägt von politischen Umschwüngen, andauernden Kriegen und ökonomischen Krisen – aber auch von Lebenslust, Fülle und Verschwendung vor allem unter der wohlhabenden Bevölkerung. „Gleichzeitig war die Angst vor dem Absturz und der Blick in eine sorgenvolle Zukunft immer da“, meint Pauwels. Die Parallelen in unsere Zeit seien da offensichtlich: „Auch uns bereitet die Verschwendung von Ressourcen und Konsumgütern Sorgen, auch wir leben im absoluten Überfluss. Die Zeiten begegnen sich.“

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Neben einer Reihe versierter Mitglieder des Theater-Ensembles wie Mourad Baaiz, Ann Göbel, Mercy Dorcas Otieno und Jing Xiang sind auch vier Laien an der Aufführung beteiligt, die teils noch nie zuvor auf einer Bühne standen. Eine von ihnen ist Eva-Maria Diers, die als Lehrerin am Westfalen-Kolleg Dortmund arbeitet und auf die Premiere am Samstag mehr als gespannt ist.

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Schauspieler sprechen sind mit ihren echten Namen an

„Eigentlich bin ich es gewohnt, vor anderen Leuten aufzutreten, aber diesmal ist das anders“, sagt sie. „Wir zeigen uns auf der Bühne auch von unserer verletzlichen Seite und reden uns mit unseren echten Namen an. Da kann man nicht einfach in eine Rolle schlüpfen.“ Dies jetzt vor großem Publikum zu spielen, sei nicht so schwer: „Aber da sitzen ja auch meine Freunde, die Familie und meine Schüler, die mir dabei zusehen, wie ich meine Gefühle öffne. Ich bin echt gespannt, wie das wird.“