Gelsenkirchen. Eintritt frei für frisch Geschiedene! Das passt zur pfiffigen Oper, die jetzt am MiR Premiere hatte: „Neues vom Tage“.

Eine kecke Idee des Musiktheaters im Revier, frisch getraute oder geschiedene Paare mit freiem Eintritt zu Paul Hindemiths Oper „Neues vom Tage“ ein wenig aufzumuntern. Auch wenn einem nach der pfiffigen Neuinszenierung der bissigen Satire die Lust auf Traualtar und Scheidungsklage endgültig vergehen dürfte.

Mit seiner einst von den Nazis argwöhnisch beäugten Abrechnung mit der komplizierten „Beziehung zu zweit“ wird Hindemith noch einmal seinem damaligen Image als „Enfant terrible“ gerecht. Heirat und Scheidung als Verwaltungsakt und Stoff für mediale Sensationslust: An Aktualität hat die Oper nichts verloren.

Premiere in Gelsenkirchen: Hindemiths Oper „Neues vom Tage“

Und das Libretto des Kabarettisten Marcellus Schiffer ebenso wenig wie die munter sprudelnde Musik Hindemiths, die Opernpathos von Puccini bis Wagner aufs Korn nimmt sowie fetzige Tanzrhythmen und schräge Harmonien im Fahrwasser Kurt Weills mit viel Drive zu einer amüsanten Revue aufpeppt. Und das pointiert, straff und ohne Atempause.

Laura und Eduard sind erst vier Wochen verheiratet, fühlen sich jedoch schon einander „überdrüssig“. Ihr Vorbild ist das befreundete Ehepaar M., das von ihrer Scheidung schwärmt. Allerdings verlangen die Mühlen der Verwaltung einen „Scheidungsgrund“. Dafür wird der „schöne Hermann“ engagiert, der sich mächtig ins Zeug legt und die nackte Laura in einer Hotelbadewanne überrascht, was zu einem Skandal führt, ein medialen Tsunami folgt.

Revueartig, filmisch inspiriert setzt Sonja Trebes die Oper am „MiR“ flott in Szene

Die revueartige, vom Film beeinflusste Machart des Stücks setzt Regisseurin Sonja Trebes flott, witzig und weitgehend kalauerfrei um. Dabei kann sie sich auf ein spielfreudiges Ensemble verlassen und auf ein einfaches, aber effektives Bühnenbild von Dirk Becker mit flexibel verschiebbaren Elementen, mit denen sich die Szenenwechsel im Eilschritt ausführen lassen.

Video-Projektionen von Moritz Hils mit einer Flut sensationsgeiler Schlagzeilen heizen das muntere Spektakel zusätzlich an. Die Regisseurin zeigt zudem ein gutes Händchen für die Führung des großen Chors, womit sich der Scheidungsakt am Ende zu einem Musical-reifen Finale aufdonnern lässt.

Neue Philharmonie Westfalen und ein stimmlich überzeugendes Ensemble

Giuliano Betta am Pult der Neuen Philharmonie Westfalen lässt in Sachen Tempo und Vitalität nichts anbrennen und das stimmlich rundum überzeugende Ensemble überschlägt sich geradezu vor Spiellaune. Zu nennen sind Eleonore Marguerre und Piotr Prochera als Laura und Eduard, Adam Temple-Smith und Almuth Herbst als Herr und Frau M. sowie als delikates Schmankerl Martin Homrich als „Der schöne Hermann“. Ein Sonderlob verdient der Opern- und Extrachor des Musiktheaters für seine große und nicht einfache Aufgabe.

Begeisterter Beifall des Premieren-Publikums im mäßig besetzten Musiktheater für einen kurzen und rundum unterhaltsamen Opernabend mit einer Prise Tiefgang.

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DATEN ZUR AUFFÜHRUNG

Spieldauer: 1 Stunde, 50 Minuten; eine Pause. Die nächsten Aufführungen im Musiktheater im Revier: am 14., 21. und 29. Mai sowie am 10. und 25. Juni

Infos: www.musiktheater-im-revier.de, Karten-Telefon: 0209/4097200).