Köln. James Blunt wollte doch nur singen - im fünften Anlauf klappt es nun mit der „Once Upon A Mind Tour“, erst in Köln vor 7000 und dann in Oberhausen.

„Wir sind hierhin geschickt worden – und dann: ,Goodbye’, ,Aufwiedersehn’ – eine neue Problem.“ James Blunt, dessen „Once Upon A Mind Tour“ durch Deutschland ursprünglich für das Frühjahr 2020 geplant war, muss sich vorgekommen sein wie der Wetteransager Phil in der Hollywood-Komödie „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Immer wieder zurück auf Anfang. Auf den fünften Rutsch, nach vier Verschiebungen, ist die Konzertreise dann doch noch in die Gänge gekommen. Mit einem „Oh, Cologne!“ macht James Blunt (48) seiner Erleichterung auf der Bühne der Arena Luft. Dazu passend: das Eröffnungsstück „Breathe“. Jetzt ist erstmal Atemschöpfen angesagt.

Bei einigen der 7000 Fans mag das Erinnerungen an die Zeiten wecken, als man, am gleichen Ort, dazu aufgefordert wurde nur zu summen, aber nicht zu singen. Wegen der Aerolsole. Am Montagabend ist das Gegenteil der Fall. Die Aufforderung „Sing along!“ („singt mit!“) braucht es da gar nicht. Von Anfang an, bei „Wisemen“ ebenso wie bei „Carry You Home“, herrscht im Publikum absolute Textsicherheit. In die hinein sich Freude mischt. Jetzt. Endlich. Endlich. Sind wir hier.

James Blunt 2022: 100 Minuten Konzertlänge, wie üblich

In 100 Minuten, dem für den Briten üblichen Konzertformat, wird dieses Gefühl ungetrübt bleiben. Daran ändern auch die platten Witze nichts, die Blunt macht. Etwa: „Madonna hat gesagt, wir sitzen (in der Pandemie) alle im gleichen Boot. Meinen Lockdown hatte ich zusammen mit meiner Schwiegermutter.“ Oder: „Meine Frau denkt, diese Tour dauert drei Wochen.“

Ganz sicher, wie ernst das gemeint ist, also ob er das wirklich witzig findet oder nur so tut als ob, kann man ohnehin nicht sein. Nicht bei einem, der aus einer Familie mit Militärtradition stammt, der in NRW aufwuchs und den ihm vorgezeichneten Weg einschlug, bis hin zum Dienst im Kosovo. Wo er das Antikriegslied „No Bravery“ schrieb, um 2002 die Armee zu verlassen und fortan als Sänger und Songschreiber Karriere zu machen.

James Blunt 2022 mit dem Glamrock-Slade-Cover „Coz I Love You“

: „You’re Beautiful“ brachte James Blunt den Durchbruch. Auch in Köln darf die kopfstimmig gejodelte Liebeserklärung natürlich nicht fehlen. Um 22 Uhr, kurz vor Schluss der Setliste mit 18 Stücken und zwei Zugaben an vorhersehbarer Stelle platziert.

Der Mix aus Kuschelpop Marke „I Really Want You“ und Abfeierkrachern – allen voran das glamrockige Slade-Cover „Coz I Love You“, bei dem er mit Gasmaske eine Runde durch den bestuhlten Innenraum dreht – löst beim bunt gemischten Publikum pure Verzückung aus. Menschen jeden Alters und jeden Geschlechts sind kein bisschen böse, dass Blunt so viele alte Hits spielt und es bei zwei Stücken vom Tourtitel-Album „Once Upon A Mind“ belässt. Wobei „Monsters“, in dem er seinem kranken Vaters versichert, dass es nun an ihm sei, die Schreckgespenster zu verjagen, nun wirklich zu Tränen rührend schön ist. Und auch die drei neuen Songs vom 2021 veröffentlichten Best Off „The Stars Beneath My Feet (2004-2021)“, „Adrenaline“. „Love Under Pressure“ und, als furioses Outro, „OK“, können sich durchaus hören lassen.

James Blunt braucht keinen großen Schnickschnack, er glänzt von innen

Blunts vier Bandmusiker, mit Schlagzeug, Gitarre, Bass und Keyboard auf die Basics beschränkt, machen mehr als nur einen guten Job – sie sind sichtlich erfüllt von dem, was sie da (wieder) tun dürfen. Bei „Postacards“ tauscht der Sänger seine Gitarre gegen eine Ukulele, mitunter, wenn’s besonders gefühlvoll wird, so wie bei „Monsters“, setzt er sich ans Klavier.

Dass zum Vater-und-Sohn-Stück Fotografien der beiden gezeigt werden, ist auch schon das Höchste der visuellen Gefühle – es gibt weder aufwendig produzierte Einspieler noch raffinierte Spezialeffekte. Die Flammen, Prismen und konzentrischen Kreise, mit denen die Konterfeis von Blunt und Band auf den Leinwänden über der Bühne verziert werden, wirken dagegen wie selbstgemacht. Und damit, auf ihre Art, genauso schlicht wie das Erscheinungsbild des Sängers: Polohemd, Jeans, Turnschuhe. Glamour ist nicht sein Ding. Es sei denn, damit ist der Glanz gemeint, der von innen kommt. Denn den hat er. Definitiv.