Duisburg. Der lange erwartete Erweiterungsbau der Duisburger Küppersmühle ist spektakulär unauffällig. Er beendet eine Reihe von Pleiten, Pech und Pannen.
Auf diese Sammlung deutscher Nachkriegskunst dürften die meisten Museen der Republik neidisch sein: Was Sylvia und Ulrich Ströher mit Hilfe der ererbten Wella-Millionen über Jahrzehnte hinweg zusammengetragen haben, ergibt einen repräsentativen, kaum Lücken aufweisenden Gang durch die
deutschen Kunst-Jahrzehnte seit den 50er-Jahren in rund 2000 Werken. Und nun ist die Qualität dieser Sammlung, die bisher nur in einzelnen Sonderausstellungen aufblitzen konnte, tatsächlich zu besichtigen: Das Museum Küppersmühle im Duisburger Innenhafen, 1999 vom örtlichen Immobilienunternehmer Hans Grothe nach Plänen der Schweizer Architektur-Stars Herzog & de Meuron zum Museum mit 3600 Quadratmetern Ausstellungsfläche ertüchtigt, hat eine Erweiterung von 36 Räumen auf 2500 Quadratmetern bekommen.
Wiederum entworfen von Herzog & de Meuron, passt sich der Backstein-Bau mit extraschmalen Lichtbändern geschmeidig ins Ensemble des Innenhafens ein, samt eines Platzes mit 35 neu gepflanzten Platanen, den man glatt lauschig nennen könnte, wenn nicht in Steinwurfweite die sechsspurige A 59 nur wenige Meter oberhalb der Baumwipfel vorbeiführen würde. Der Museumsbau musste einen 40-Meter-Abstand zur Stadtautobahn einhalten – falls da mal Bauarbeiten nötig werden.
Der Traum vom weißen Quader auf den Silos platzte
Da, wo jetzt die Platanen wurzeln, rostete jahrelang ein Stahlgerüst vor sich hin; denn erst ein Bauskandal mit etlichen Pleiten sorgte für den jetzigen architektonischen Glücksfall. Eigentlich sollte zur Museums-Erweiterung ein gigantischer weißer Quader auf die Silo-Speicher neben der Küppersmühle gesetzt werden (auch das übrigens eine Idee von Herzog & de Meuron) – mit einem ähnlich protzsüchtigen Schriftzug des vorgesehenen Drittel-Sponsors Evonik. Nicht wenige Duisburger hätten sich da noch lieber die gewaltige „Mr. Softy“-Milchtüte zurückgewünscht, die an den Silo-Rohren stand, bis sie im August 94 gesprengt wurde...
Nun überwölben die innen freigelegten Stahlsilos die Übergänge zwischen Alt- und Erweiterungsbau – grandiose Fotomotive, wie auch das schneckenartige Betontreppenhaus in ziegelsteinfarbiger Bemalung, ein Zwilling zum Altbau-Aufgang.
Eine umfassende Sammlung – nur Beuys fehlt
Die Kunst, die nun im sammler-finanzierten Neubau zu sehen ist, reicht vom Bauhaus-Riesen Josef Albers bis zu David Schnell als Maler der „Neuen Leipziger Schule“. Mit Namen wie Wols, Georg Meistermann, Willi Baumeister, Ernst Wilhelm Nay und Hans Hartung sind Positionen der unmittelbaren Nachkriegskunst, des Informel vertreten. Und Albers mit dem gleichermaßen farbforschenden Rupprecht Geiger zu kombinieren, gehört zu den vielen schlüssigen Hängungs-Entscheidungen. Emil Schumacher ist ein ganzer, zutiefst beeindruckender Raum gewidmet, Bernard Schulze ebenso. Manche Werke werden Küppersmühlen-Besucher von den Sonderausstellungen der vergangenen Jahre her vertraut sein, etwa die von Karl Fred Dahmen, dem einmal mehr furios auftrumpfenden K.O. Götz oder Peter Brüning.
Museumsdirektor Walter Smerling betont, mit der Ströher-Sammlung ließen sich „Lehrer- und Schüler-Generationen vergleichen und die Werk-Entwicklung einzelner Künstlerpersönlichkeiten nachvollziehen.“ Mit Gerhard Richter (vertreten mit vier zentralen Werk-Phasen) und Anselm Kiefer ist die subtil politisierte Kunst als Antwort auf die Enthaltsamkeit der
Abstraktionen ebenso vertreten wie einst unter dem Etikett „Neue Wilde“ firmierenden Baselitz, Penck und Lüpertz. Umso auffälliger das Fehlen jenes Künstlers, den Sylvia Ströhers Großonkel Karl Ende der 60er-Jahre mit spektakulären Ankäufen ganzer Werkblöcke den Weg auf den internationalen Kunstmarkt geebnet hat: Joseph Beuys.
Sonderschau für Gerhard Hoehme
Dafür ist dessen Gegenpol an der Düsseldorfer Kunstakademie eine kleine Sonderschau gewidmet: Gerhard Hoehme, dessen Werk gerade wieder eine kleine Wahrnehmungskonjunktur erlebt. Auf zwei Räume verteilt, ist im Neubau der Küppersmühle nun seine Entwicklung von informellen, tachistischen Anfängen und politischer Ironie hin zu sorgfältig durchdachten Regelbrüchen zu verfolgen, etwa eine Gemälde-Rückwand, aus der Kabel herausragen, oder Grenzüberschreitungen mit Schnüren und Drähten von der Leinwand in den Raum. Im Erweiterungsbau selbst hängen keine Drähte mehr aus den Wänden, hier sorgen LED-Röhren selbst unter dem gläsernen Shed-Dach des Obergeschosses für echtes Kunst-Licht.
Die Küppersmühle wurde 1908-1912 errichtet. Als die Mühle im Duisburger Innenhafen 1972 stillgelegt wurde, verhinderte eine Bürgerinitiative den Abriss.
Geöffnet: Mi 14-18 Uhr, Do-So 11-18 Uhr. Eintritt: 6 Euro für Sonderausstellungen, 12 Euro für das gesamte Haus. Kinder bis 16 haben freien Eintritt.