Bochum . Ein Einstand nach Maß: Nicht zum ersten Mal, aber erstmals als Chef stand Tung-Chieh Chuang Mittwoch am Pult der Bochumer Symphoniker.
Ein Unbekannter ist Tung-Chieh Chuang, der neue Generalmusikdirektor der Bochumer Symphoniker, seinem Publikum ja längst nicht mehr. Große Überraschungen durfte man von seinem offiziellen „Antrittskonzert“ im Anneliese Brost Musikforum also nicht erwarten. Erfreulich, dass er mit drei filigranen Werken von Strawinsky, Schostakowitsch und Mozart ein Programm präsentierte, das die Fähigkeiten von Dirigent und Orchester schonungslos auf den Prüfstand stellte.
Gelegenheiten, sich durch effektvolles Blendwerk kniffligen Herausforderungen zu entziehen, suchte Tung-Chieh Chuang nicht. Was für ein ausgeprägtes künstlerisches Verantwortungsgefühl spricht. Nicht weniger beeindruckte er mit dem Niveau, auf dem er die schwierigen Aufgaben bewältigte. Nicht zuletzt die ultimative Nagelprobe mit Mozarts „Jupiter-Symphonie“ bestand er mehr als respektabel. Wobei die Bochumer Symphoniker nicht nur im abenteuerlich komplexen und virtuosen Schlusssatz einen erfreulich hohen Spielstandard zeigten.
Chuangs Einstandskonzert als GMD zeigt Energie, Sorgfalt, viele Feinheiten
Ein deutliches Signal für die Sorgfalt, mit der sich Dirigent und Orchester auf die Herausforderung vorbereiteten. Insgesamt war eine vor Energie sprühende, vitale Interpretation zu hören, die nicht nur durch ihren Elan gefiel, sondern auch durch viele klangliche Feinheiten, die die Musiker allesamt fein poliert zum Klingen brachten.
Wenn Tung-Chieh Chuang die scharf klingenden Akzente im Forte-Bereich etwas abgefedert, wenn er den tänzerischen Duktus des Menuettos ein wenig eleganter zum Ausdruck gebracht hätte, wäre der Weg zu einer Ideal-Interpretation nicht weit. Auf jeden Fall hebt er sich damit erfreulicherweise meilenweit von der derzeit hoch im Kurs stehenden Mode ab, Mozart im Stil von Teodor Currentzis & Co. mit brachialer Gewalt und irrwitzigen Tempo-Rekorden wie eine tollwütige Sau durchs Dorf zu treiben.
Das Konzert lässt eine gute Zukunft Chuangs mit den Bochumer Symphonikern erwarten
Keine geringeren Ansprüche stellt Igor Strawinsky mit seiner neoklassizistisch transparent gestrickten „Pulcinella“-Suite an die Musiker. Hier gelang nicht jedes Detail mit der Präzision der Mozart-Interpretation und der Klang ließe sich noch eine Prise pointierter und trockener formen. Woran es an der Begleitung des Ersten Cello-Konzerts von Dmitri Schostakowitsch nicht mangelte. Exakt wie ein Uhrwerk unterstützten die Bochumer Symphoniker den renommierten französischen Cellisten Gautier Capuçon, der die stilistische Doppelzüngigkeit des Werks mit einer entwaffnend souveränen Gelassenheit herausstellte.
Sowohl die motorische Getriebenheit der Ecksätze als auch die introvertierte Selbstverlorenheit des langsamen Satzes und erst recht der weltentrückte Monolog der ausgedehnten Solo-Kadenz gestaltete der Cellist stilsicher und mit einer faszinierend wandlungsfähigen Tongebung. Als besonderes Bonbon gab es zusammen mit den vier Cellisten des Orchesters eine klangschöne Zugabe von Schostakowitsch.
Lang anhaltender und begeisterter Beifall für ein Konzert, das eine gute Zukunft mit den Bochumer Symphonikern und seinem neuen Dirigenten erwarten lässt.