Essen. Das Festival „New Now“ findet erstmals auf Zollverein statt. Geboten werden digitale Künste – vom zweiten Mond bis zum Spiel mit VR-Brillen.

Der Himmel über Essen wird zum Schauplatz eines findigen Kunstprojekts: Ein virtueller Mond soll ab dem 17. September die friedliche Abendstimmung über der Zeche Zollverein bereichern. Möglich macht das die Lichtinstallation „Another moon“ des südkoreanischen Künstler-Duos Kimchi and Chips, das mit 40 Laserprojektionen einen zweiten Mond über das Essener Welterbe schießen möchte, der auch aus der Ferne noch gut zu sehen sein soll. Wenn Kumpel Anton das noch erlebt hätte...

Industriekultur, Fortschritt und Technik sind die zentralen Themen des ersten „New Now“-Festivals für digitale Künste, das noch bis zum 3. Oktober auf Zollverein zu erleben ist, real und digital gleichermaßen. Fünf Wochen lang verwandelt sich die Mischanlage der Kokerei in eine „living sculpture“, also in eine Art begehbaren Erfahrungsraum, der von 60 internationalen Künstlern in teils raumgreifenden, teils bizarren Installationen bespielt wird.

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„New Now“-Festival in Essen widmet sich Industriekultur und Fortschritt

Zum Startschuss am gestrigen Freitag war all dies noch längst nicht fertig. Auch die „digitale Zeche“, die der Künstler Christian Mio Loclair eigens für das Festival als Plattform entworfen hat, hakte zur Pressepräsentation noch erheblich. Wie in einem Computerspiel können die Besucher hier online ihre Avatare durch eine virtuelle Umgebung steuern, das ehrwürdige Zollverein-Gelände verwandelt sich darin in einen apokalyptischen Dschungel.

Doch dieses „Work in progress“ reizt die Festivalmacher besonders: „Die Besucher sind eingeladen, bei den Entstehungsprozessen dabeizusein und mit den Künstlern in Gespräch zu kommen“, sagt die künstlerische Leiterin Jasmin Grimm. Das funktioniert virtuell, aber auch live vor Ort, in Workshops, Rundgängen und Performances.

Der Erbe der Industrialisierung wird thematisiert

Die Fragen, die dabei gestellt werden, sind keine einfachen: Wie wollen wir unsere Welt gestalten? Und wie lässt sich das Zusammenleben von Mensch, Umwelt und Technologie neu denken? Auch das Erbe der Industrialisierung soll während der Festivalwochen eine wichtige Rolle spielen: „Die Künstler sind sich sehr bewusst darüber, an welch historischem Ort sie hier arbeiten“, meint Jasmin Grimm. „Hier trifft Kohle auf Digitalisierung“, ergänzt Hans-Peter Noll, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Zollverein. „Ein besseres Denkmal kann ich mir nicht vorstellen.“

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Ich sehe was, was du nicht siehst

Dabei gibt es viel zu entdecken: etwa die Installation „Point of you“ des Berliner Designstudios The Constitute. Das Ganze besteht aus vier VR-Brillen, die jeweils mit einem herauslösbaren, frei beweglichen Kameraauge verbunden sind. Die Augen können untereinander getauscht werden, so schaut man durch die Augen eines anderen auf die Welt, man muss sich gemeinsam koordinieren und austauschen. „Es entsteht eine soziale Skulptur“, sagt der Künstler Christian Zöllner.

Ebenfalls zum Programm gehören zwei immersive Sound-Nächte, die am 27. August und am 17. September stattfinden sollen. Klangkünstler bespielen die Mischanlage auf Zollverein dann mit experimentellen elektronischen Klängen und beeindruckenden Lichtspielen.

„New Now“-Festival bis 3. Oktober auf Zeche Zollverein. Tickets für die Ausstellung: 8 Euro, erm. 5 Euro. Sound-Nights: 15 Euro, erm. 10 Euro. Infos: www.newnow-festival.com