Düsseldorf. Seit 100 Jahren lässt die Düsseldorfer Akademie Frauen studieren. Eine Ausstellung zeigt Werke von Professorinnen und erinnert an die erste.

Gut die Hälfte all jener, die an deutschen Kunsthochschulen studieren, sind Frauen – aber in Galerien und auf Messen sind sie nach wie vor deutlich weniger. Zudem ist die geringere Bezahlung im Vergleich zu Männern auf dem Kunstmarkt noch krasser als sonstwo. Und auch unter den Lehrkräften der Kunsthochschulen sind Frauen noch rar. So hatte die Düsseldorfer Kunstakademie in den letzten Jahrzehnten mit Irmin Kamp (1981-88) und Rita McBride (2013-2017) zwar schon zwei Rektorinnen – aber die übrigen 13 seit 1921 waren Männer.

Seither, seit 100 Jahren also, sind Frauen zum Studium an der 1773 gegründeten Akademie in Düsseldorf zugelassen. Als eine der letzten Kunsthochschulen in Deutschland setzte sie eine entsprechende Aufforderung der verfassunggebenden Versammlung von Weimar 1919 um. Dabei hatte die Akademie sogar schon drei Jahre nach ihrer Gründung eine erste Professorin – Catharina Treu, 1743 in eine Bamberg Malerfamilie hineingeboren, hatte sich erfolgreich bei Akademiegründer Lambert Krahe beworben und wurde sogar Hofmalerin des regierenden Kurfürsten Carl Theodor.

Selbst Hilla Becher war nie Professorin, nur Ehrenmitglied

Allerdings wurde ihr Name aus den Professorenlisten der Akademie bald verdrängt. Man deklarierte sie bis in die 70er-Jahre des 20. Jahrhunderts hinein als Ehrenmitglied der Hochschule – vermutlich, weil es bei dem lange Zeit herrschende Vorurteil, Frauen könnten künstlerisch nur reproduzieren und nicht innovativ tätig sein, für Männer unvorstellbar war, dass es mal eine Kunstakademie-Professorin gab.

Die Reihe der Seltsamkeiten reicht bis zur bahnbrechenden Fotografin Hilla Becher (1934-2015), deren Name zwar immer zusammen mit dem ihres Mannes Bernd genannt wird und die auch mit ihm gemeinsam an der Akademie die berühmte Becher-Klasse leitete – aber dort nie als Professorin angestellt war. Was die Hochschule 2010 versuchte, mit einer Ehrenmitgliedschaft auszubügeln.

Quote für Männer bei „Beuys & Girls“

Franka Hörnschemeyers im Raum schwebende „Transponder“.
Franka Hörnschemeyers im Raum schwebende „Transponder“. © Kai Werner Schmidt

Eine experimentelle Ausstellung der drei Akademie-Absolventinnen Magdalena Kita, Johanna Reich, Marleen Rothaus im Düsseldorfer Stadtteil Flingern („Beuys & Girls“) führte in diesem Sommer eine Quote für Männer ein – sie durften erst in die Ausstellung, wenn vier Frauen anwesend waren, um den 20-Prozent-Anteil von Künstlerinnen in Galerien spürbar zu machen.

Und nun rückt die private „Sammlung Philara“ ein paar Straßenecken weiter mit ihrer Ausstellung „Spiegel und Fenster“ ehemalige und amtierende Professorinnen der Düsseldorfer Akademie in den Fokus, um das „bittersüße Jubiläum“ des Kunsthochschulzugangs für Frauen zu würdigen, so Katharina Klang, die mit Victoria Tarak diese Ausstellung kuratiert hat.

Rita McBride, Rosemarie Trockel und vergessene Künstlerinnen

Darunter sind plakative Positionen wie die von Rita McBride, die einen überdimensionalen Bund mit schuhkartongroßen Stahl-Schlüsseln (aalglatt mit Lasern geschnitten) an einen massiven Transporthaken der ehemaligen Glasfabrik gehängt hat: Man brauche die Schlüssel zu den Institutionen, hat sie einmal gesagt, um die Barrieren zu verschieben, Veränderungen zu bewirken. Rosemarie Trockel hat ein provokativeres Werk beigesteuert: „My dear colleagues“ steht über dem Brustbereich eines durchsichtigen Plastikrumpfs aus dem Modekaufhaus – und die gestrickten Pulloverärmel rechts und links wirken blutgetränkt, und das in der Wolle gefärbt.

Es sind neben klangvollen Namen wie Dominique Gonzalez-Förster (mit dem Schlafzimmer ihrer Hippie-Eltern) oder Magdalena Jetelová (mit dem Film einer subversiven Bengalo-Aktion noch zu CSSR-Zeiten) auch vergessene Künstlerinnen vertreten. Beate Simons etwa, die als 1932 geborenes jüdisches Kind die Nazi-Zeit im Versteck überlebt hatte und 1972 Professorin für Bildhauerei wurde. Sie verweigerte sich radikal dem Kunstbetrieb; immerhin sind noch zwei ihrer öffentlichen Skulpturen erhalten, eine auf einem Firmengelände in Erkrath und die Arbeit „Der Start“ auf dem Gelände der Universität Wuppertal.