Wuppertal. Konzeptlos und fahrig: Wie sich Claire Huangci beim Klavierfestival Ruhr den Sonaten von Beethoven und Schubert stellt, ist teilweise verheerend.
Dass Maria João Pires in Portugal festsitzt und ihren Auftritt beim Klavierfestival Ruhr absagen musste, ist zwar schade. Aber Intendant Franz-Xaver Ohnesorg ist so gut vernetzt, dass sich schnell ein Ersatz finden ließ.
Interessant, dass für die reife abgeklärte Portugiesin Pires mit Claire Huangci eine Künstlerin der jungen Generation den Platz in der Historischen Stadthalle von Wuppertal einnahm. Die medial erfolgreich geführte Karriere der Amerikanerin gründet auf exzellente manuelle Fähigkeiten, mit denen sie klanglich und dynamisch nahezu alles aus einem Flügel holen kann, was das Herz begehrt. Sie kann eruptiv in die Klaviatur greifen und die Tasten im nächsten Moment wie ein Kätzchen streicheln. Ihre differenzierte Anschlagskultur verspricht ein großes Potenzial.
Pianistin Claire Huangci bringt rein manuell fast alles mit
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Gute Voraussetzungen für ein Programm mit drei ebenso gewichtigen wie bekannten Zugstücken des Repertoires. Und zwar mit Busonis Klavierversion der Toccata in d-Moll, Beethovens „Waldstein-Sonate“ und Schuberts entrückter Sonate in B-Dur. Rein manuell bringt Claire Huangci nahezu alles mit. Allerdings gelingt es ihr nicht, zu stilistisch geschlossenen Interpretationen zu finden.
Bereits in Bachs Toccata reizt sie in Sachen Tempo und Dynamik effektvoll, letztlich aber manieriert und konzeptlos extreme Kontraste aus, wodurch das Werk formal in zusammenhanglose Phrasen zerfällt. Mag man ihr bei der ohnehin improvisatorisch gefärbten Toccata noch einen größeren Interpretationsfreiraum zugestehen, wirkt sich Huangcis Manier auf größer dimensionierte Sonaten teilweise verheerend aus. Das betrifft sowohl die auf Tempo getrimmte „Waldstein-Sonate“ Beethovens als auch die emotional überladende, vor allem in den letzten beiden Sätzen fahrig heruntergespielte Schubert-Sonate.
Dass sie ein Klavier zum Singen bringen kann, beweist sie mit einer etwas plüschig, aber immerhin sensiblen Darstellung von Debussys „Claire de lune“ im Zugabenteil. Für die großen Repertoirestücke klaffen bei ihr spieltechnische Artistik und gestalterische Verständnislücken noch zu weit auseinander.