Oberhausen. Die 67. Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen sind angelaufen – 400 Filme. Viele konkurrieren um die 27 Preise in der zweiten Online-Ausgabe.

400 Filme aus 60 Ländern, und in acht Wettbewerben konkurriert fast die Hälfte davon um 27 Preise: Am Wochenende sind die 67. Oberhausener Kurzfilmtage angelaufen, die diesmal am 10. Mai enden werden.

Zum zweiten Mal sind es digitale Kurzfilmtage, die 2020 zwar ihre Reichweite enorm erhöhen konnten mit 3000 verkaufen Online-Festivalpässen. Festivalchef Lars Henrik Gass möchte nun auch nach Möglichkeit noch mehr die Gespräche und Debatten über die Filme und den Kurzfilm ins Netz verlagern, auch wenn er weiß, dass längere Ladezeiten oder kurze Aussetzer und Hänger zwischendurch, wie man sie inzwischen von Videokonferenzen kennt, nicht nur den Genuss der Kurzfilme schmälern. Schließlich haben die Kurzfilmtage selbst die Übertragungsqualität nur begrenzt in der Hand.

Mit dem irischen Markus Lanz und einem Avatar von Elon Musk

Unter den Wettbewerben gibt es nun erstmals einen internationalen für Musikvideos. Bei manchen fügt der Film dem Song eine ganz neue Perspektive hinzu wie bei wie der Punkpop-Band Fontaines D.C., für die Regisseur Hugh Mulhern mit einer Mischung aus Horror und Medienkritik mit dem irischen Markus Lanz hinter die Kulissen einer Talkshow blickt; bei anderen wie der Vodoo-Zeremonie von Alexandra Bouge ist die Musik eher nur ein Soundtrack; und wieder andere illustrieren Texte mit Bildern und Tönen, die indische Rapperin Sofia Ashraf etwa oder die nervig lärmenden britischen Benefits. Mit einer klassischen Song-Illustration tritt auch eine turnfreundige Sandra Hüller im Internationalen Wettbewerb an („The One“).

Im Deutschen Wettbewerb bestechen schon Titel wie „Rasenmäher in E-Moll“ von Beißpony (Eine-15-Minuten-Trauerfeier für Live-Musik). „Haare zu Gold“ (Hans Unstern an einer selbstgebastelten Harfe) oder „Junge Milliardäre“, das der Digital-Designer Uwe von Auge Altona in Gestalt von Elon Musk singt, ein Deepfake-Video.

Matthias Müllers kritische Verbeugung vor den Türmen des World Trade Centers

Für den Internationalen Wettbewerb hat Festival-Veteran Matthias Müller gemeinsam mit Christoph Girardet ikonische Kino- und Dokumentarfilmbilder vom World Trade Center vor und während seiner terroristischen Zerstörung wortlos kombiniert, eine 16-minütige Hommage und Traumatherapie zugleich. Alltags-Spielfilme wie der südafrikanische „The Town“ konkurrieren damit ebenso wie „Green“ aus Polen, eine der wenigen animierten Produktionen dieses Jahres, die das Nachdenken über das oft übersehene oder gar missachtete Straßenbegleitgrün befördern will.

„Quer über das Gesicht des Monds“ aus Neuseeland dagegen arbeitet mit minutenlanger Schwärze, Textdeklamation und klassischen Experimental-Formen, um den prekären Lebensumständen südpazifischer Ureinwohner ungeahnte Fantasien und poetische Bilder entgegenzusetzen. Die Kanadierin Karen Trask liefert mit „20-20“ einen der kürzesten Beiträge ab und gewinnt damit einem so absurden wie einschneidenden Jahr absurde und einschneidende Bilder ab.

Schuster und Kneipenwirtin aus Dortmund, Heumachen in den Alpen

Nicht weniger spannend als der Blick rund um den Globus: der NRW-Wettbewerb, in dem sich ja oft die Absolventen von Film- und Bilddesign-Hochschulen tummeln. Auch hier tut sich in diesem Jahr eine sehenswerte Spannweite auf: von der klassisch-spielfilmartigen Liebesmelancholie in Schwarzweiß („Weg von hier“, Jan Thierhoff, FH Dortmund) über den grotesk untergangsgestimmten Animationsfilm über ein gespenstisches Kreuzfahrtschiff („Doom Cruise“) und skurrile Zeichentricks („Bis zum letzten Tropfen“) bis zu Dokumentationen über den Corona-Stand der Dinge („Aus aktuellem Anlass“ mit einem Schuster, einem Cellisten und einer Kneipenwirtin aus Dortmund) oder über Heumachen wie vor 100 Jahren in den französischen Alpen („La Bâche“).