Dortmund. Eine Inszenierung aus Dortmund ist zum Heidelberger Stückemarkt geladen. Über “La Chemise Lacoste“ sprachen wir mit dem Regisseur.

Die Inszenierung „La Chemise Lacoste“ am Theater Dortmund ist für den Nachspielpreis beim Heidelberger Stückemarkt nominiert. Dieses Jahr muss das Theaterfestival allerdings pandemiebedingt digital stattfinden. Wir sprachen mit Theaterregisseur Dennis Duszczak.


Ihre Wieder-Inszenierung des Stückes von Anne Lepper enthält Elemente wie Musik- und Tanzeinlagen und eine drehbare Box auf der Bühne. Wie kamen die ins Stück?


Dennis Duszczak: Die Vorgaben für Musik gibt es schon in Leppers Stück, aber wir entschieden uns beispielsweise beim Intro für eine Live-Version. Bei der Party-Szene wiederum ließ sich der exzessive Rausch durch den Tanz gut darstellen. Generell arbeite ich gerne spartenübergreifend, und das bringen auch die Dortmunder Künstler und Künstlerinnen mit sich und voller Begeisterung auf die Bühne.


Die drehbare Bühnen-Box auf der Bühne ist eine neue Form, die Sie gefunden haben?


Dieses von Thilo Ullrich entwickelte Minitheater dient einerseits dazu, gewisse grausame Inhalte des Stücks ins Puppenspiel zu verlagern und sie somit zu entschärfen. Andererseits dient es als Portal, durch das Figuren in Zeit und Raum verschwinden und wieder auftauchen. Durch die rotierende Drehung kommt zusätzlich Dynamik in die Bühnenhandlung des Stücks. Die Box wird von den Spielenden angetrieben und am Ende dekonstruiert.


Sie haben inner- und außerhalb des Reviers gearbeitet. Gibt es eine Dortmunder Besonderheit?


Nach Jugendprojekten in Düsseldorf, Regieassistenz in Bochum und Regiestudium in Frankfurt und New York habe ich einen gewissen Reifungsprozess durchlaufen und mache nun die reale Regiearbeit auf Augenhöhe mit dem Team. Die Hierarchien im Theaterbetrieb erlebe ich aus einer anderen Position heraus. Im Theater Dortmund wird meiner Arbeit Wertschätzung und Vertrauen entgegengebracht, und ich bekomme Raum, in diesen Zeiten Theater zu machen.


Leppers Stück handelt vom Aufstieg von Felix in die High Society des Tennis. Welche Botschaft ist das für ein Dortmunder Publikum?


Die Felix-Figur betritt eine Welt, die ihm fremd ist, die aber Möglichkeit zum gesellschaftlichen Aufstieg bietet. Er verfolgt seinen Traum mit Willen und Herz gegen Widerstände, das Durchkämpfen gehört für ihn dazu. Am Ende gibt Felix sogar seine Macht wieder ab, weil er um den Preis dieses Aufstiegs weiß. Damit durchbricht er die Regel.


Eine der Figuren wird gegen die Rolle besetzt: Eine schwarze Frau spielt einen weißen Mann.


Für mich war es selbstverständlich: Das muss das Theater können, diese Illusion muss möglich sein! In Deutschland ist das Theater auf eine bestimmte Lesbarkeit geprägt, damit muss man umgehen. Auf der Bühne ist Raum für alles. Nach meinem Verständnis kann eine Schauspielerin eine Frau oder einen Mann spielen, ein Tier oder einen Regenbogen, alles geht. Natürlich gibt es eine kritische Auseinandersetzung. Damit verbindet sich auch die Frage, welche Geschichten ein Ensemble mit verschiedenen Backgrounds spielt. Wir müssen die alten Verhältnisse verändern.


Welche Bedeutung hat die Einladung zum Heidelberger Stückemarkt für Sie?


Eine der Grundlagen des Theaters, die aus der Antike kommt, ist, dass sich die Stadtgesellschaft im Amphitheater versammelt. Heute kommen bei einem Festival wie dem Heidelberger Stückemarkt Theaterleute und Publikum aus vielen Städten zusammen, um verschiedene Inszenierungen zu sehen, darüber zu sprechen, um das alles gemeinsam zu erleben. Das ist für das Theater essenziell und durch den digitalen Event nicht zu ersetzen. Das ist unglaublich schade, eine absolute Geduldsprobe für das Theater!


Ein Stück in Pandemiezeiten – wie geht das?


Proben sind machbar, trotz Sicherheitsabstand, aber ohne Publikum geht es gar nicht. Die Berührung mit dem Publikum ist das, was wirklich fehlt.