Essen/Berlin. Die Kinowirtschaft ist unzufrieden mit den Lockdown-Beschlüssen. Sprecher Christian Bräuer fordert Stufenpläne und Öffnung vor oder nach Ostern.
„Der Kinomarkt braucht dringend eine Perspektive, sonst droht uns die Katastrophe“, sagt Christian Bräuer. Der Vorsitzende der zur AG Kino zusammengeschlossenen deutschen Filmkunsttheater ist eigentlich niemand, der zu Alarmismus neigt, ein sachlicher, konsensorientierter Mensch. Aber nun ist seine Verzweiflung kaum noch steigerbar: „Wenn wir wenigstens wüssten, dass wir bei einer weiter positiven Entwicklung des Infektionsgeschehens um Ostern herum wieder starten könnten! Das würde uns doch schon helfen. Oder ein Stufenplan, der Kinos und Bühnen zugleich mit Handel und Gastronomie öffnen lässt oder sogar vorher, wegen der bewährten Hygienekonzepte und der exzellenten Nachverfolgungsmöglichkeiten bei Infektionsketten.“
Gewaltig enttäuscht von Angela Merkel und den Ministerpräsidenten
Die Enttäuschung der deutschen Kinobetreiber über die jüngste Regierungsrunde aus Bundesländern und -kanzlerin und deren Beschlüsse ist gewaltig, dringend hatten die fünf deutschen Kino-Verbände in einer gemeinsamen Erklärung um „ein Signal“ gebeten, eine Perspektive – was ja nicht heißen würde, dass man bei veränderter Infektionslage nicht gleich wieder schließen würde. Es müsse nicht einmal unbedingt ein konkretes Datum sein, ein „Wenn – Dann“ reiche auch schon.
Novemberhilfen noch nicht mal komplett angekommen – Film-Stau
80 Prozent der vom Lockdown tief getroffenen Betriebe hätten bis jetzt noch nicht einmal die Novemberhilfen ausgezahlt bekommen, nur Abschläge, so Bräuer: „Es ist extrem frustrierend. Und die Kinos können nun mal nicht von heute auf morgen öffnen. Wir haben zwar einen regelrechten Film-Stau. Aber für die Filme, die bei einer Öffnung anlaufen sollen, muss doch vorher erst noch Werbung gemacht werden, sonst weiß niemand etwas davon!“ Er ist auch in Sorge um die fernere Zukunft der Kinos: „Der Filmmarkt findet gerade online statt,“ sagt er in Anspielung auf die vermehrten Filmstarts bei Streaming-Diensten: „Ich habe keine Angst um den Fortbestand von Kinos, aber da verschieben sich gerade die Kräfteverhältnisse.“
Zur Not auch nach Ostern, Hauptsache ein Datum, mit dem man kalkulieren kann
Christian Bräuer wäre es sogar recht, wenn die Perspektive lauten würde, dass die Kinos nach Ostern wieder öffnen dürfen und wird ironisch: „Wenn die Regierung sagt, die Leute sollen sich erst an den Festtagen im Privaten anstecken statt in sicheren Kinos zu sitzen, meinetwegen.“ Hauptsache, man verpasse die Oscar-Saison nicht, die mit der Preisverleihung am 25. April beginnen soll: „Da sind einige exzellente Filme im Rennen, ,Nomadland’, ,Der Rausch’ oder auch „Minari’. Wenn die nicht auch, möglichst vorher schon, in den Kinos zu sehen sind, wird das eine riesige Werbung für Streaming-Dienste.“
Die Religionsfreiheit, sagt Christian Bräuer, werde stark respektiert, es würden sogar Gottesdienste wegen der guten Belüftungsverhältnisse in Kinos abgehalten – aber was sei mit der Kunstfreiheit und der Kultur als bedeutender Eckpfeiler einer Gesellschaft? Grundsätzlich sei es ohnehin problematisch, wenn über die Öffnungs-Kriterien nicht auch in der Politik öffentlich diskutiert werde, sondern in Hinterzimmergesprächen.