Essen. Ein Chinese in Finnland? Kein Clash der Kulturen, eher ein Film der vom gegenseitigen Annehmen erzählt: „Master Cheng in Pohjanjoki“

Das Essen im finnischen Hinterland scheint nicht gerade von großem Einfallsreichtum geprägt zu sein. In Mika Kaurismäkis Film „Master Cheng in Pohjanjoki“ jedenfalls sieht man zu Beginn Menschen in ein Restaurant traben, das mit „Heute Wursttag!“ lockt. Alle wissen, was sie erwartet, denn eigentlich ist hier jeder Tag ein „Wursttag“.

Das ändert sich schlagartig, als der aus Shanghai stammende Koch Cheng (Pak Hon Chu) mit seinem Sohn Nunjo (Lucas Hsuan) auf der Bühne erscheint. Eigentlich will der Weitgereiste nur einen alten finnischen Freund besuchen, der ihm früher einmal sehr geholfen hat. Doch als dann plötzlich eine unangemeldete chinesische Reisegruppe vor der Tür steht, hilft er der ratlosen Besitzerin Sirkka (Anna-Maija Tuokko) mit seinem Können.

Seit Donnerstag ist Mika Kaurismäkis Film „Master Cheng in Pohjanjoki“ im Kino

In Windeseile improvisiert er ein heimatliches Essen, das so anregend riecht, dass selbst die verknöcherten Einheimischen allmählich Appetit bekommen. Für Cheng öffnen sich damit plötzlich neue Perspektiven. Der Freund, den er besuchen wollte, ist längst verstorben. Aber Sirkka, verwitwet wie er selbst, ist noch sehr lebendig. Seit sie Cheng und seinem Sohn ein Obdach gewährt hat, geht sie dem Asiaten nicht mehr aus dem Kopf.

Regisseur Mika Kaurismäki, der lange schon in Brasilien lebt, hat zwar bereits zwei finnische Filmpreise erhalten, ist mit seinen weit über 30 Filmen jedoch immer im Schatten seines populäreren Bruders Aki Kaurismäki geblieben. Bei diesem Film allerdings könnte sich das endlich einmal ändern. Diesmal zieht er alle Register. Hier finden wir das Gegenüber von höchst unterschiedlichen Kulturen, treffen auf zwei verletzte Menschen, die das gleiche Schicksal hinter sich haben.

Sauna, Wodka, Tango - das sind die finnischen Antworten auf Besuch aus China

Zwei kauzige Typen aus dem Dorf sorgen dafür, aus Cheng einen echten Finnen zu machen, Sauna, Wodka und Tango inklusive. Und dann ist da ja vor allem immer wieder noch Chengs Essen, dem man allmählich schon heilende Kräfte nachsagt. So daher erzählt könnte man meinen, dies sei mal wieder ein Wohlfühlfilm der Edelklasse. Tatsächlich aber erlebt man hier einen eher leisen Film, dem man in jeder Hinsicht gerne zuschaut.

Vor allem wegen der beiden wunderbaren Hauptdarsteller: Beide verkörpern Menschen, die viel mitgemacht haben in ihrem Leben und die nun sehr vorsichtig miteinander umgehen. Dass der Kameramann Jari Mutikainen jedoch derart großartige Bilder machen kann, daran sind nun mal allein die Weite und die Schönheit der finnischen Landschaft schuld. Seit Donnerstag ist der Film im Kino zu sehen.

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ZUR PERSON

Der Regisseur Mika Kaurismäki (64) verdankt sein fließendes Deutsch dem Studium an der Münchner Filmhochschule.

Mit seiner finnischen Heimat fühlt sich der Wahlbrasilianer so verbunden, dass er in seinem Haus eine Sauna hat. Mit seinem Bruder besitzt er in Helsinki ein Kino, beide haben in Lappland das „Midnight“-Filmfestival gegründet.