Essen. Eine besondere Ausgabe des Magazins „Metropole Ruhr“: 34 Künstlerinnen und Künstler aus dem Revier haben daran mitgearbeitet.

Olaf Kröck, der Intendant der Ruhrfestspiele, erlebt in der Corona-Zeit „eine große Bereitschaft der Menschen, sich auf andere Formen als das Bekannte einzulassen“. Eine dieser Formen soll nun auch auch das Magazin „Metropole Ruhr“ sein, in dessen Eröffnungs Interview Kröck diesen Satz sagt. Nach der Hochglanz-Ausgabe zum 100-jährigen Bestehen des Regionalverbands Ruhr (RVR) ist auch die nächste Ausgabe des hauseigenen Magazins „Metropole Ruhr“ eine sehr besondere: Auf 32 Seiten kommen hier 34 Künstlerinnen und Künstler der Freien Szene im Revier zu Wort. Und nicht nur das: Sie haben diese Ausgabe auch von vorn bis hinten mitgestaltet. Das Heft mit dem trotzigen Untertitel „Kultur – Gerade jetzt!“ solle eine „Kunstaktion“ sein, eine „Ersatzbühne“ bieten und die Kunstschaffenden, die durch die Corona-Krise den Kontakt zu ihrem Publikum verloren hätten, wieder sichtbar machen, sagte Karola Geiß-Netthövel, Regionaldirektorin des RVR, bei der Vorstellung des Magazins.

Allein die „Extraschicht“, die nun ausgefallene Nacht der Industriekultur, hätte für immerhin 2000 Künstlerinnen und Künstler der Szene wenigstens ein Abend-Engagement bedeutet – alles weggefallen, wie Axel Biermann von der Ruhr Tourismus GmbH bedauerte, die das Magazin „Metropole Ruhr“ mitherausgibt. Für den halben März, April und Mai haben die Touristiker einen Umsatzverlust der Freizeitindustrie von 1,1 Milliarden Euro im Ruhrgebiet ausgemacht.

Axel Holst reimt, Lütfiye Güzel collagiert

Corona ist eine gewaltige, verheerende Bremse für das Kulturleben, im „Metropole Ruhr“-Heft wird der Grund der Krise aber auch zum Gegenstand der Kunst. Schauspieler Axel Holst etwa trägt ein derbes, knittelnd gereimtes Corona-Gedicht bei, die Duisburger Lyrikerin Lütfiye Güzel, vor drei Jahren mit dem Literaturpreis Ruhr ausgezeichnet, schildert, wie sie im Lockdown begonnen hat, aus den vielen gestapelten Zeitungen auf ihrem Tisch Gedichte zusammenzuschneiden, zu montieren: „marxlohmontage“ nannte sie das.

Auch das Titelbild des Magazins ging aus einer Corona-bedingten Kunstaktion hervor: In Unna tat sich ein Künstlerquartett zusammen, um mit einer Foto-Aktion im öffentlichen Raum wieder kreativ „in den Fluss zu kommen“, wie Sabine Hanna Johr das beschreibt, die von Haus aus eigentlich malerisch und bildhauerisch arbeitet. Nun aber Furore macht mit einem Schwarz-Weiß-Foto von einer Freundin, auf dem nur die Maske bunt ist und doch alles zentriert ist auf den Augen-Blick, der so viel intensiver geworden ist in Zeiten der allgegenwärtigen Maskerade.

Christian Behrens sieht ein „wunderbares Zeichen“

Oder Eva Zitta zum Beispiel, Regisseurin des Freien Theaters „DispoDispo!“ aus Essen, das ein Corona-Stück namens „Apokalyptiko 2020“ einstudiert – wenn alles gut geht, soll es am Freitag, 13. November, Premiere feiern. Eva Zitta gibt zu bedenken, dass Unsicherheit und prekäre Zustände für die Freie Szene eine Art von Routine seien, „wir wissen ja oft nicht, wie wir das nächste Stück finanzieren und wo wir es spielen“.

Die Corona-Unsicherheit aber wird noch eine ganze Weile anhalten. Olaf Kröck sagte, er plane realistischer Weise für die nächste Ausgabe der Ruhrfestspiele „ein Corona-Festival“. Umso mehr gilt das Wort des Kleinkünstlers Christian Behrens aus dem Moerser West-Zipfel des Reviers: „Das Magazin ist ein wunderbares Zeichen dafür, dass wir alle weitermachen.“ Was ein weiteres Argument dafür wäre, eine weitere Künstler-Ausgabe von „Metropole Ruhr“ in Angriff zu nehmen. „Wenn wir Sponsoren dafür finden – gerne!", sagte RVR-Direktorin Geiß-Netthövel.