250 Jahre Beethoven - und es gibt reichlich CDs, mit denen ihm der Klassikmarkt gratuliert. Wir stellen Neuerscheinungen vor.
Alle Neune, historisch
Gutes braucht manchmal Zeit. Zwölf Jahre haben sich der Mailänder Dirigent Giovanni Antonini und das auf historische Aufführungspraxis spezialisierte Baseler Kammerorchester genommen, ehe sie alle neun Sinfonien Beethovens eingespielt hatten. Es ist gewiss kein Zugriff für jene Romantiker, die karajansche Besetzungen im Breitwandformat bevorzugen. Antonini kommt zum Beispiel mit acht ersten Geigen und drei Kontrabässen aus. Das macht den Charakter dieser quecksilbrig vitalen, vor allem Beethovens Lust an der überraschenden Volte huldigenden Aufnahme nicht mager, aber ihren Klang extrem prägnant und durchhörbar. Zugleich – und das rettet diesen schönen Wurf vor der Gefahr, spröde zu klingen – hat der studierte Blockflötist Antonini stets das Sangliche der Sinfonien im Blick. Mitreißend! (Sony, 6 CDs, ca. 30 €)
Poesie im Dialog
Einen der großartigsten Beiträge des Klassikmarktes zum Beethoven-Jahr legte der griechische Geiger Leonidas Kavakos bereits im Winter vor: Seine spektakulär kompromisslose Aufnahme (Kavakos hasst Musik als Unterhaltung!) des Violinkonzertes mit den BR-Symphonikern war ein Paukenschlag. Mit sämtlichen Violinsonaten folgt Zartbesaitetes: Die Box umreißt mit den zehn Sonaten von Opus 12 bis 96 ein Künstlerleben. Schon im ersten Werk für Geige und Klavier überforderte Beethoven (er war Mitte 20) Kritik und Publikum. Beiden fehlte das Kulinarische. Diese erlesene Aufnahme leuchte das typisch Musikantische Beethovens (von diabolischer Virtuosität über Tanzmotive bis zum Ständchen) nicht weniger profund aus als sie die Sonaten als Orte weltumarmender wie melancholischer Poesie durchmisst. Kavakos (auf der „Abergavenny“-Stradivari) und Enrico Pace agieren als Dialog-Partner herausragend gut. Solchen „Beethoven-Gesprächen“ lauscht man reich beschenkt. (Sony, 3 CDs, ca. 19 €).
Stadtfeld, ganz persönlich
„My Beethoven“ nennt der Pianist Martin Stadtfeld sein Album im Jubeljahr – und vielleicht liegt man gar nicht so verkehrt, wenn man an „My Way“ denkt. Keiner Mode folgend, keinem Mainstream, keinem kommerziellen Diktat, präsentiert der nun 40-Jährige, der nach seiner steilen Karriere früh Mut zum eigenen Profil zeigte, Unerwartetes. Dazu gehören, in schöner Mixtur aus Verneigung und Augenzwinkern, die eröffnende „Fantasie über ein Skizzenblatt“ Beethovens oder der „Eroica Dance“, den Stadtfeld aus der dritten Sinfonie destilliert. Er umkreist charmant Liszts Bearbeitung der Pastorale und lässt uns aufhorchen, da er das berühmte Adagio der Mondscheinsonate zupackend flott am Schopf greift. Keine komplette Sonate findet sich auf diesen 53 Minuten. Sie sind ein Kaleidoskop, in dem es allerdings viel Irisierendes zu entdecken gibt. (Sony, ca. 15 €)
Teo bleibt sich treu
Zugegeben: das üppige Selbstbewusstsein Teodor Currentzis’ (im Grunde tut er so, als hätten vor ihm nur Trottel Beethoven dirigiert) impft uns ein wenig gegen vorschnelle Begeisterung. Aber dann lauscht man dieser fünften Sinfonie. Erst ablehnend (die Akustik ist trocken, der Gestus fast steif), dann aufhorchend – und in den 15 Pianissimo-Takten des dritten Satzes ist man ihm dann doch hoffnungslos verfallen. Unbedingt per Kopfhörer lauschen: die feinsten Linien, die Details orchestraler Zwiesprache!
Mit Beethovens op. 67 leistet der Grieche mit Hang zu extremen Proben und noch extremeren Deutungen einen sozusagen artgerechten Beitrag zum Jubeljahr. Currentzis’ Orchester MusicAeterna spielt nicht durchweg perfekt, aber für diese kontrastgesättigte Interpretation sind sie genau richtig. Ein Ärgernis bleibt: Die CD ist knausrige 31 Minuten kurz. (Sony, 15 €)