Essen. Nach der Debatte um den Eröffnungsredner Achille Mbembe ist die Ruhrtriennale nun dank Corona abgesagt. Intendantin Carp ist sauer.

Noch in der vergangenen Woche gab es eine Debatte um die Eröffnungsrede der diesjährigen Ruhrtriennale. Nun ist klar: Nicht nur die Rede am 14. August, gleich das ganze Festival bis zum 20. September wird abgesagt – aufgrund der Corona-Pandemie. Dies beschloss der Aufsichtsrat der Kultur Ruhr. Der Ausfall sei ein herber Verlust für das kulturelle Leben in NRW, „der mich auch ganz persönlich schmerzt“, so Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen als Aufsichtsratsvorsitzende der Kultur Ruhr. Jedoch gehe „der Schutz der Gesundheit“ von Publikum und Künstlern vor. Da die Planungen für das Programm der Ruhrtriennale mit Gästen aus rund 40 Ländern in Kürze in die „heiße Phase“ gegangen wären, sei es notwendig gewesen, die Entscheidung über die Absage jetzt zu treffen.

Intendantin Stefanie Carp: „Spielplan hätte Hygienemaßnahmen berücksichtigt“

Der Streit aber scheint damit nicht vorbei: Denn Intendantin Stefanie Carp nannte die Entscheidung am frühen Abend „voreilig“. „Wir arbeiten seit Wochen an einem Spielplan für eine Ruhrtriennale, der alle Hygienemaßnahmen berücksichtigt hätte.“

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Sie sei beeindruckt, „wie kreativ und flexibel die Künstler mit den Einschränkungen umgegangen sind. Wir hätten erstaunliche und unvergessliche Kreationen erleben können. Diese Chance ist leider durch voreiliges Absagen verspielt worden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ruhrtriennale waren mit großer Flexibilität und Kreativität dabei, die Konzepte der Künstlerinnen und Künstler in den sich ändernden Umständen umzusetzen, wofür ich mich noch einmal sehr bedanken möchte. Ich hätte mir mehr von dieser Flexibilität und Vorstellungskraft auch von meinem Aufsichtsrat und den Gesellschaftern gewünscht. Die Ruhrtriennale wäre mit den großen Räumlichkeiten in der Lage gewesen, die Sicherheit der Besucher zu garantieren und trotzdem künstlerisch besondere Lösungen zu finden.“ Mit diesem Einwurf hat die Intendantin eine Grenze überschritten.

Isabel Pfeiffer-Poensgen nannte die Absage des Festivals „unumgänglich“

Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen zeigte sich überrascht von dieser Kritik und sagte hingegen, Carp hätte „kein überzeugendes Alternativkonzept vorlegen können, das eine andere Entscheidung gerechtfertigt hätte. Es gehe „der Schutz der Gesundheit“ vor: „Angesichts der vielschichtigen und umfassenden Diskussion in der Aufsichtsratssitzung, bei der alle denkbaren Optionen erörtert und abgewogen wurden, bin ich über die sehr einseitige Stellungnahme mehr als verwundert. Ihre persönliche Motivation als Intendantin, das Festival nach Möglichkeit stattfinden zu lassen, kann ich nachvollziehen. Sie hat jedoch heute kein überzeugendes Alternativkonzept vorlegen können, das eine andere Entscheidung gerechtfertigt hätte. Daher ist eine Absage der Ruhrtriennale 2020 leider unumgänglich gewesen.“

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Noch im Anschluss an die Absage brachte der Aufsichtsrat aber die Debatte um Achille Mbembe auf den Tisch. Diese habe „dem Ansehen der Ruhrtriennale erneut Schaden zugefügt“, verdeutlichte Isabel Pfeiffer-Poensgen auf Anfrage dieser Zeitung. „Es wäre die Aufgabe der Intendantin gewesen, dies frühzeitig zu erkennen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen – auch und gerade im Lichte der Ereignisse des Sommers 2018. Bedauerlicherweise hat Frau Dr. Carp mit ihrer Kommunikation nicht dazu beigetragen, die Debatte zu versachlichen. Das habe ich ihr bei der gestrigen Aufsichtsratssitzung in aller Klarheit deutlich gemacht. Bei aller Enttäuschung über die wegen der Corona-Pandemie leider unvermeidliche Absage der diesjährigen Ruhrtriennale liegt darin hoffentlich die Chance, eine dringend notwendige Versachlichung der Diskussion zu ermöglichen.“

Für das Festival bereits gekaufte Karten werden zurückerstattet. Hierzu können die Karten an den Vorverkaufsstellen, an denen sie erworben wurden, zurückgegeben werden. Online-Käufer wird die Kultur Ruhr zur Abwicklung der Erstattung in den kommenden Wochen direkt kontaktieren.