Köln. Die 15. Impulse sind eröffnet! Zum Auftakt des wichtigsten Festivals der freien Theater im deutschsprachigen Raum gab's einen kleinen Stücke-Marathon mit großen Bildern und herausragender Schauspielkunst. Bis 6. Dezember läuft der Wettbewerb in Bochum, Mülheim, Düsseldorf und Köln.

Drei Wände, zwei Schauspieler, eine Idee. Mehr braucht man nicht für herausragendes Theater, das hat „Othello, c’est qui?“ dem Impulse-Publikum am späten Mittwochabend in der Studiobühne der Uni Köln eindrucksvoll vorgeführt. „Wer ist Othello?“, fragt der afrikanische Schauspieler Franck Edmond Yao, er soll ihn nämlich spielen. Und spielt dann mit Kollegin Cornelia Dörr und mit Klischees - bis er plötzlich Othello ist. Macht Lust auf mehr, und mehr gibt’s noch bis 6. Dezember, viel mehr: beim Theaterfestival Impulse.

Zur Eröffnung ein „Marathon“, allerdings ein leichter, „nur“ zwei Stücke hintereinander: Wer sich schon grämen wollte, dass die Impulse über viele Spielstätten in Bochum, Mülheim, Düsseldorf und Köln verstreut sind, kann sich bei den Marathons die eine große Packung geben und sich zwischendurch im Bus mit anderen Theater-Junkies austauschen.

Leicht verfilzte Rocker in watteschneebedeckter Landschaft

Liegengeblieben sind die vier Typen mit den leicht verfilzten Matten im weißen Kleinwagen auf der Bühne der Halle Kalk des Schauspiels Köln. Da werden im Auto verschiedene AC/DC-Songs angespielt, aber auch französischer Hardrock, Bierdosen und Chipstüten gehen rum, und die Männer richten sich zur Nacht ein - so weit, so komisch.

In der watteschneebeckten Landschaft taucht eine Frau mit fliederfarbenen Anorak und Fahrrad auf, und mit Isabelle wird alles anders: Erst findet sie den Fehler im „Vörteilör“, dann finden die Rocker Poesie in den banalsten Dingen, und die Zuschauer staunen vor Philippe Quesnes wundersam-witziger Performance-Collage „La mélancolie des dragons“ und den Bildern, die aus Seifenblasen-Maschine, aufgeknüpften Perücken, Plastik, Nebel, Licht und Wind entstehen. Jeder ist ein Künstler, so viel ist klar, auch Hermes, der Hund, der an der Schneewatte knabbert und davon niesen muss: Diese 75 verrückten Minuten spotten jeder Beschreibung - und sind Donnerstagabend noch mal in Mülheim, Samstag in Düsseldorf und am Sonntag, 29. November in Bochum zu sehen.

Stadt- und Staatstheater brauchen Impulse

NRW-Kulturstaatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff war begeistert. „An manchem Bild heute Abend hätte Pina Bausch große Freude gehabt“, sagte er. „Ich bin von Mal zu Mal mehr der Überzeugung, dass das neue, das mitreißende Theater nur im Einzelfall an den großen Ozeandampfern entsteht, sondern eher in der freien Szene. Oft geht die Saat erst an den großen Häusern richtig auf“, sagte er am Eröffnungsabend des Festivals, „dort bewahrheitet sich, wie wichtig die Impulse sind.“ Für diese Impulse – nicht nur das Festival, sondern vor allem die aus der freien Szene – sei Geld notwendig, das sei klar, sagte Grosse-Brockhoff. Um gleich anzufügen, dass das Land nicht alles übernehmen könne, was überschuldete Kommunen nicht mehr leisten könnten.

Elegant und intelligent

Freie Produzenten brauchten mehr Orte, die ihren Theater-Ideen Heimat seien, stellte der Kulturstaatssekretär fest, wie etwa das FFT in Düsseldorf. Eins der vielen schillernden Beispiele, was dann passieren kann, ist die Produktion „Othello, c’est qui?“. Regisseurin Monika Gintersdorfer, der bildende Künstler Knut Klaßen und Schauspieler Yao haben sie gemeinsam entwickelt und in Koproduktion mit der Kulturfabrik Kampnagel in Hamburg und dem Düsseldorfer Forum Freies Theater auf die Bühne gebracht. Ganz geschmeidig werden da in 60 Minuten Klischees über Afrika, Europa und Theatertraditon de- und rekonstruiert. Das ist mal witzig, mal elegant, mal verstörend, aber immer intelligent – und noch mal zu sehen: Donnerstagabend in Bochum, Freitag, 27. November in Köln, Samstag, 28. November in Mülheim und am Sonntag, 6. Dezember in Düsseldorf.

Foto oben: © CMRastovic