Gelsenkirchen. . Acht Jahre lang hat Anna Grundmeier als Dramaturgin am Musiktheater im Revier gearbeitet. Jetzt wechselt sie an die Deutsche Oper am Rhein.
Sie ist ein Kind des Ruhrgebiets: Musiktheater-Dramaturgin Anna Grundmeier stammt aus Essen und studierte an der Ruhr-Uni Bochum. Jetzt wechselt die 33-Jährige von der Ruhr an den Rhein. Ab der neuen Spielzeit arbeitet Grundmeier als Dramaturgin an der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf. WAZ-Redakteurin Elisabeth Höving sprach vor dem Umzug mit Anna Grundmeier über ihre Zeit in Gelsenkirchen, über ihre Erfahrungen am Musiktheater im Revier und über Zukunftspläne.
Acht Jahre lang Engagement am Musiktheater im Revier. Was zieht Sie jetzt fort aus Gelsenkirchen?
Anna Grundmeier: Nun ja, Theater ist immer Wandel. Das MiR war meine allererste Stelle als Dramaturgin und ich fand, jetzt muss es für mich weitergehen. Die Möglichkeit, an die Deutsche Oper am Rhein nach Düsseldorf zu gehen, hat sich einfach ergeben und ich habe zugegriffen. Für mich ist das nun ein Schritt nach vorn. Ich glaube, dass auch in Düsseldorf so wie in Gelsenkirchen eine sehr kollegiale und wertschätzende Atmosphäre herrscht. Das ist mir wichtig. Die Rhein-Oper ist ein spannendes Haus. Außerdem: Man soll gehen, wenn es am schönsten ist.
Sie sind ein Kind des Ruhrgebiets, ziehen nun an den Rhein.
Ja, das stimmt. Ich bin in Essen-Rüttenscheid geboren, im Revier verwurzelt. Dennoch werde in nun nach Düsseldorf ziehen. Während meiner Zeit am Musiktheater habe ich in Schalke gewohnt, fühlte mich sehr heimisch dort. Schalke passte, zumal ich aus einer fußballverrückten Familie komme und ab und zu auch in die Arena gegangen bin. Besonders nach unserem Schalke-Musical „Kennst Du den Mythos...?“ am MiR hatte ich einen guten Kontakt zum FC Schalke 04.
Welche Erfahrungen nehmen Sie vom Musiktheater mit an die Deutsche Oper am Rhein?
Meine wesentlichen Erfahrungen wurden geprägt durch den Intendanten Michael Schulz und durch die einstige Chefdramaturgin Anna Melcher. Die Zusammenarbeit mit den beiden war einfach ein großes Glück für mich. Sie haben mir das Selbstverständnis vermittelt, sich stets auch über die Zukunft des Theaters Gedanken zu machen. Sie haben vermittelt, wie wichtig es ist, das richtige Theater für das richtige Publikum zu machen. Und wie wesentlich es ist, immer sehr wach zu sein und auf Theater, das sich stets im Wandel befindet, auch zu reagieren. Sie haben mir gezeigt, wie entscheidend der enge Kontakt zum Publikum ist.
Den Sie ja dann auch tatsächlich sehr gepflegt haben.
(lacht) Ja, den habe ich intensiv und mit großer Freude gepflegt. Es war für mich nie selbstverständlich, dass jeder Besucher die Handlung der jeweiligen Oper kennt. Die habe ich dann in den Einführungen vor den Vorstellungen vermittelt. Das Publikum muss durch uns auch abgeholt werden. Ich mochte immer sehr die Neugier der Menschen, die das MiR besuchen. Aber: Sie wollen auch überzeugt werden!
Mit welchem Ziel?
Mit dem Ziel, auch neues Publikum zu gewinnen. Das ist in Gelsenkirchen besonders gut gelungen. Auch deshalb, weil Michael Schulz das Unterhaltungstheater ernst nimmt, es von Profis singen und inszenieren lässt. Das spüren die Menschen, wenn sie in ihrem Unterhaltungsbedürfnis ernst genommen werden.
Was waren Höhepunkte Ihrer Zeit am Musiktheater?
Das gab es viele wichtige Produktionen, die ich betreuen durfte, den „Sprung in die Leere“ zum Beispiel, oder das Schalke-Musical. „Hoffmanns Erzählungen“ gerieten zu einem wunderbaren, erfüllenden Arbeitsprozess. Es ist beglückend, wenn am Ende auf der Bühne alles funktioniert.
Stellen wir auch die Frage, die sich die meisten bei Ihrem Beruf immer wieder stellen: Was macht ein Dramaturg überhaupt?
Ja, die Frage wird oft gestellt. Das Berufsbild wird aber an jedem Haus ein wenig anders aufgefasst. Dieser Rahmen steht aber fest: Es geht um die Vermittlung von Produktionen, um Einführungsveranstaltungen, um das Erstellen von Programmheften. Ein wichtiger Teil: Dramaturgen stehen dem Regisseur als Gesprächspartner, als Berater, als Qualitätsmanager zur Seite.
Welche Eigenschaften sollte ein Dramaturg auf jeden Fall mitbringen?
Er muss Empathie mitbringen, muss sich auf andere Menschen einschwingen können. Einfühlungsvermögen sollte er haben, sollte Prozessanalysen betreiben können. Man muss auch ein Gespür für die Bedürfnisse des Publikums haben. Und die Fähigkeit, verständlich zu formulieren, sollte man auch besitzen. Eigentlich sind Dramaturgen der Wissensfundus eines Theaters. Und ein bisschen die Zukunftsmanager.
Auch Diplomaten?
(lacht) Ja, auf jeden Fall auch.
Was werden Sie an Gelsenkirchen vermissen?
Ganz klar die Menschen. Ich mag die direkte offene Art ohne Berührungsängste. Dieses Publikum lässt sich nicht blenden, es muss überzeugt werden. Ich hoffe, dass das Rheinland ähnlich tickt.
Was wird die erste Produktion sein, die Sie in der nächsten Spielzeit in Düsseldorf betreuen werden?
Richard Wagners „Götterdämmerung“ in der Regie von Dietrich Hilsdorf. Eine tolle, große Aufgabe.
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Vom 30. August bis 2. September ist die Ruhrtriennale zu Gast im Hause mit einer Produktion der Volksbühne Berlin: „Bekannte Gefühle, gemischte Gesichter“.
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