Münster. . Das Münsteraner Jazzfestival war in 20 Minuten ausverkauft. Junger Euro-Jazz begeistert Besucher. Organisatoren können auf Superstars verzichten.
- Jazz-Festival in Münster kommt ohne Superstars aus
- Preisgekrönte Schlagzeugerin Eva Kleese hinterlässt Eindruck
- Karten für die Veranstaltung waren in 20 Minuten ausverkauft
Davon können Jazzfestivals weltweit nur träumen: ausverkauft in 20 Minuten. In Münster längst gute Tradition und ein grandioser Vertrauensbeweis für Leiter Fritz Schmücker. Der sich folglich den Luxus leisten kann, allein seinem anerkannt guten Geschmack zu folgen und dabei ganz ohne Superstars auszukommen.
Puzzle aus 16 Konzerten
Dennoch gab’s auch bei der 26. Ausgabe des Festivals im Stadttheater einige große Namen. Etwa den französischen Pianisten Jacky Terrasson, der im Duo mit dem Trompeter Stéphane Belmondo allerliebst das „Great American Songbook“ sezierte. Dessen schönste Songs verwandelte einen Tag später die Schweizer Sängerin Lucia Cadotsch in duftige Preziosen, sensationell begleitet von Petter Eldh (Bass) und dem mit raffinerter Überblas-Technik aufwartenden Saxofonisten Otis Sandsjö.
Nur zwei von 16 Konzerten, die sich wie Puzzleteile zu einem atemberaubenden Gesamtbild fügten.
US-Beitrag klingt europäisch
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Denn Korrespondenzen fanden sich beim Festival zuhauf. Amüsant, dass der einzige US-Beitrag, „Allison Miller’s Boom Tic Boom“ mit der Namensgeberin am Schlagzeug und superben Musikerinnen wie Jenny Scheinman (Geige) und Myra Melford (Piano), ausgesprochen europäisch klang.
Während das legendäre „ICP Orchestra“ um Trommler-Altmeister Han Bennink mit typisch holländischem Spielwitz Ellington- und Monk-Klassiker veredelte.
Doch im Mittelpunkt standen klar junge europäischer Jazzer. Sensationell die frischen Hardbop-Neudeutungen des britischen Vibrafon-Tenorsax-Quartetts „Empirical“ zum Auftakt des Festivals. Intensiv die Stimmakrobatik von Eliane Mitchener, die mit der Strahlkraft eines Schneidbrenners zu Alexander Hawkins’ kongenialem Piano ihre Songs zerlegte – zwei großartige Bands, die souverän bewiesen, dass man auf US-Jazz längst verzichten kann.
Sofern man ihn nicht als Spielmaterial nutzt wie Silke Eberhard, die am Altsax mit Nikolaus Neuer und Christian Marien diverse Mingus-Hits charmant auslotete.
Eva Klesse macht Eindruck
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Den nachhaltigsten Eindruck jedoch hinterließ die mit dem Preis „Westfalen-Jazz 2017“ geehrte Schlagzeugerin Eva Klesse – Dienstagabend schon wieder in Starbesetzung im Domicil Dortmund zu hören. Mit wunderschön von Saxofonist Evgeny Ring und Pianist Philip Frischkorn erzählten Geschichten, die sie delikat in geradezu altmeisterlicher Raffinesse auf Cymbals und Toms untermalte. Eine reife Leistung auf Weltniveau!
Entdeckungswürdig auch zwei Saxofonisten – Christophe Panzani aus Frankreich sowie der israelische Sopran-Virtuose Daniel Zamir, der begleitet vom famosen Omer Klein am ferrariroten Flügel mit duftigen Orient-Sounds für den heiteren Ausklang sorgte.
Münster legt die Latte für Moers hoch
Nach diesem grandiosen Festival kann einem Tim Isfort in Moers leidtun, denn an Münster muss er sich messen lassen. Glückauf!