Essen. . Drei berühmte Solisten, das bedeutet nicht zwangsläufig, dass man sich zurücknehmen kann, wenn es um Kammermusik geht. Maisky, Rachlin und Kissin glückt es.
Sie gelten als herausragende Vertreter der musizierenden Zunft, zugleich als eigenwillige Köpfe. Der Pianist Evgeny Kissin, der Geiger Julian Rachlin und Cellist Mischa Maisky sind samt und sonders Individualisten – da ist es umso bemerkenswerter, dass sie gleichwohl ein homogenes Trio bilden können. Ihr Auftritt beim Klavierfestival Ruhr hat das eindrucksvoll unter Beweis gestellt.
Niemand spielt sich gekünstelt virtuos in den Vordergrund, vielmehr scheint hier eine eingeschworene Gemeinschaft am Werk. Dennoch wird in Essens Philharmonie schnell deutlich, dass Kissin als energetisches Zentrum agiert. Seine Mitstreiter nehmen diese Energie gerne auf. So entsteht packendes, bisweilen schroffes, teils russisch-pathetisches Musizieren.
Das wirkt in Schuberts B-Dur-Klaviertrio zunächst etwas befremdlich. Lyrische Schwere umfängt uns, alles Liedhafte, Volkstümliche kommt ein wenig aufgedonnert daher, und allein das Klavier bietet zum Klang auch Farben, die Violine gar singt hier und da zu blässlich, die Intonation der Streicher ist ohnehin nicht immer lupenrein. Und von delikater wienerischer Morbidität ist wenig zu erleben.
Großer elegischer Ton
Kissin, Rachlin und Maisky bevorzugen eben den großen elegischen Ton, der in Tschaikowskys Trio zur vollen, ins Sinfonische geweiteten Entfaltung kommt. Diese Trauermusik auf den Tod des Pianisten Nikolaj Rubinstein entwickelt sich zur rauschhaften Klage. Die düstere Melancholie wirkt gespenstisch. Der ausgedehnte Variationenteil wiederum – mit Tänzen, fahlen Linien und einer wuchtigen Fuge – weckt die schiere Musizierlust der drei Instrumentalisten.
Kissin wagt sich dabei sogar in die vorderste Linie, sein Spiel ist überaus ausgereift, technisch überragend. Ihm gehört, bei Tschaikowsky, auch das „Schlusswort“: das Pochen dunkelster Trauermarschrhythmik, ergreifendes Finale eines insgesamt emotionalen Konzertabends.
Nächster Festivalstar: Mitsuko Uchida, Freitag, 20 Uhr, Stadthalle Mülheim. Es gibt noch Karten.