Tutzing. Am Freitag erscheint Peter Maffays sechstes “Tabaluga“-Album. Im Interview spricht der Sänger über Freundschaft, Flüchtlinge und Helene Fischer.

Am Freitag erscheint Peter Maffays neues Tabaluga-Album „Es lebe die Freundschaft!“, das nunmehr sechste mit Geschichten um den kleinen grünen Drachen. Maffay hat darauf die halbe deutsche Musikszene versammelt, von Udo Lindenberg bis Helene Fischer, von Tim Bendzko bis Samy Deluxe. Bully Herbig, Uwe Ochsenknecht und Otto Waalkes sind auch mit dabei. Jens Dirksen sprach mit Maffay in seinem Studio in Tutzing – über Freundschaft, Flüchtlinge, Helene Fischer und seine Stiftung.

Herr Maffay, Ihr neues Album ist ein Loblied auf die Freundschaft. Liebe kann alles – Freundschaft auch?

Peter Maffay: Es gibt ja sogar Freundschaft zwischen Tieren! Wenn ich auf unserer Finca in Spanien die Tür aufmache, da liegt da meine Nala, so eine Art Dobermann, und auf ihrem Bauch – eine Katze! Darin liegt doch die Chance: Freundschaft, Zuneigung, Respekt kann über sämtliche Grenzen hinweggehen!

Aber es können doch nicht alle mit allen befreundet sein!

Maffay: Sehen Sie, schon auf dem ersten Album gibt es den Salamander, der um Tabalugas Freundschaft buhlt. Und es endet damit, dass sie sich sagen: Gut, wenn wir schon nicht Freunde sein können, haben wir wenigstens Respekt voreinander.

Taugt Freundschaft denn als Modell für die große Weltpolitik?

Maffay: Ja! Ich glaube, die Menschheit lebt von diesem Traum, dass Freundschaften in der Politik auch denkbar sind. Die Schwierigkeit liegt darin, dass hinter Männern wie Obama und Putin Lobbyisten und politische Kräfte aller Couleur stehen und ihr Handwerk ausüben. Es gibt ja gar nicht so viele souveräne Gestalten, die über so ein Gewimmel hinweg Einfluss auf die Geschichte nehmen. Ich bin mit einer Reihe von Politikern befreundet, weil ich deren Kompetenz schätze und überzeugt bin, dass sie im Dienste der Menschen handeln.

Als da wären?

Maffay: Frank-Walter Steinmeier zum Beispiel. Oder Martin Schulz. Sigmar Gabriel. Unsere Geisteshaltung ist kompatibel.

Warum?

Maffay: Weil sie sinnvolle Kompromisse schließen können. Diejenigen, die sich durchsetzen können, können Heldentaten vollbringen. Aber wenn sich einer durchsetzt, macht er es immer wieder und wird zu einem Diktator. Die, die Kompromisse schließen, werden nie als Helden angesehen. Aber eigentlich sind sie es.

Haben Sie auch schon als Schlagersänger so gedacht?

Maffay: Nein, politisch bin ich ein Spätzünder, ich kam aus einer kommunistischen Diktatur und war politisch ungebildet.

Und ‘68 hat nichts mit Ihnen gemacht? Da waren Sie ja schon fünf Jahre im Westen...

Maffay: ‘68 ? Da hab ich gerade mal mein erstes Bier selbst bezahlt! Ich bin ‘78 politisiert worden, da ist mir Hannes Wader über den Weg gelaufen. So richtig aufgewacht bin ich Anfang der 80er, da habe ich ein Lied wie „Eiszeit“ geschrieben. Stand aber draußen und hab noch gelesen „Lieber Pershing 2 als Peter Maffay!“ Das war doch sehr kleinkariertes Denken. Mir ist ein demokratisch ausgebildeter Sänger zehnmal lieber als ein rechtsradikaler Musikvirtuose!

Und Helene Fischer? Sie singt ja auch auf Ihrem Album...

Auch interessant

Maffay: Ich glaube, dass Helene genau wie jeder andere Künstler, der in sehr kurzer Zeit extrem populär wurde, dabei ist, ihren eigenen Weg zu finden zwischen Positionierung und Kommerz. Man darf nicht vergessen: An jemandem wie Helene hängen ziemlich viele mit ganz eigenen Interessen. Also wird es eine Reihe von „Ratgebern“ geben. Artikuliere ich mich politisch oder lass ichs bleiben? Sie wird das tun, in einem Maße, wie wir es jetzt noch nicht erleben, mit ihrer Popularität wird sie irgendwann, ganz aus eigenem Antrieb, deutlicher sagen, wo sie steht. Ich hab das ja bei mir auch erlebt, dass Leute gesagt haben, jetzt äußere Dich mal besser nicht zu diesem Thema. Dann verkaufen wir weniger Scheiben.

Derzeit gibt es in der Politik ja nur ein Thema – die Flüchtlingskrise.

Maffay: Drei Dinge dazu: Leuten, die dem Tod entronnen sind, zu helfen, das ist eine christliche Pflicht. Leuten, die das Flüchtlingsdrama zum Geschäftsmodell machen, muss man das Handwerk legen. Drittens: Unsere Gesellschaft wird es nicht verkraften, wenn zu diesen Millionen Flüchtlingen noch weitere Millionen kommen, wir werden das nicht schaffen. Wenn wir kollabieren, sind wir auch nicht mehr in der Lage zu helfen. Der richtige Ansatz ist: zu differenzieren, aus welchen Ländern die Leute zu uns kommen und die Hilfe dort vor Ort zu verstärken. Und dann gilt es zu fragen: Wer ist wirklich in Not, nicht wirtschaftlich, sondern wer ist politisch verfolgt? Und natürlich muss jemand, der zu uns kommt, die Wertvorstellungen, die hier gelten, akzeptieren. Wir haben hier Meinungsfreiheit, wir haben eine Gleichstellung von Frau und Mann, die immer noch holprig ist, aber wir haben sie.

Lässt sich wirklich klar zwischen politischen und wirtschaftlichen Fluchtgründen unterscheiden?

Maffay: Wenn ein Staat wie Rumänien die Korruption nicht in den Griff bekommt und seine Bürger verliert, dann gehört das nicht zu diesem Thema. Wir können auch nicht sagen, wir als deutsche Gesellschaft brauchen diese Fachkräfte! Das ist ja eine Form von Kolonialismus.

Bully Herbig singt auf Ihrem Album: „Ich bin ein Glückskäfer“ – sind Sie auch einer?

Maffay: Ich kann ja nicht behaupten, ich wäre ein Pechvogel. Ich sitz in einem beheizten Raum, ich kann morgens warm duschen. Wir haben Zeit, miteinander zu quatschen, andere haben keine Zeit dazu, weil sie nichts zu essen haben, wenn sie nur quatschen.

Aber Sie quatschen nicht nur, es gibt ja auch Ihre Peter-Maffay-Stiftung, die sich mit Tabaluga-Häusern um Kinder von Rio bis Rumänien kümmert.

Maffay: Ja, wir sind eine operative Stiftung, das ist Sozialarbeit. Tabaluga und seine Vermarktung könnte der Ersatzmotor für die Stiftung sein. Ich bin 66 und fühle mich fit, aber irgendwann bin ich das nicht mehr. Eine gezeichnete Figur kann dagegen noch sehr lange leben, diese Drachen werden ja auch nicht so schnell alt wie wir Menschen.