Berlin. Der Film zum Bestseller: David Wnendt bringt Timur Vermes’ Hitler-Satire “Er ist wieder da“ auf die Kino-Leinwand. Komik trifft dabei Gänsehaut.
Dass Hitler auch 70 Jahre nach seinem Selbstmord allgegenwärtig ist, liegt nicht zuletzt an Film und Fernsehen. Über 120 Schauspieler haben sich seit 1940 an dieser Rolle abgearbeitet, der Historiker Guido Knopp hat in zahllosen Dokumentationen jeden Winkel im Umfeld des „Führers“ ausgeleuchtet, RTL kündigt einen aufwändigen Mehrteiler an.
Auf dem Buchmarkt hat der Zeichner Walter Moers mit großem Erfolg mehrere Bände um „Adolf, die Nazi-Sau“ veröffentlicht. Und mehr als zwei Millionen Exemplare allein in Deutschland hat Timur Vermes mit seinem Roman „Er ist wieder da“ (2012) verkauft. Bei einer derartigen Nachfrage hat der Film zum Buch nicht lange auf sich warten lassen. Morgen startet er in den Kinos. Man kann von Glück sagen, dass Regisseur David Wnendt sich viel Mühe gegeben hat, um der sprachlich nicht gerade funkelnden Satire zu einer neuen Tiefe zu verhelfen.
Hitler erwacht auf Berliner Grünfläche
Der Anfang ist dem Buch noch sehr ähnlich. Hitler (in jeder Geste großartig: Oliver Masucci) erwacht auf einem dampfenden Stück Berliner Grünfläche, kommt zunächst bei einem Kioskbetreiber unter, wundert sich über alles und jedes in diesem ihm fremdgewordenen Land voller Ausländer. Regiert von einer „klobigen Frau mit dem Gesichtsausdruck einer Trauerweide“. Die Bekanntschaft mit dem Reporter Fabian Sawatzki (Fabian Busch) ändert alles. Von der Hoffnung getrieben, endlich wieder bei seinem Privatsender punkten zu können, macht der mit dem vermeintlichen Hitler-Imitator eine ausgedehnte Deutschlandreise.
Hier wird Wnendts dokumentarischer Zugriff auf den Stoff wirklich deutlich: Was da die Menschen zwischen Sylt und Bayern beim Gespräch mit einem doch offensichtlichen Komiker so alles vor der Kamera ungefiltert von sich geben, reicht bis an den äußersten Rand rechten Gedankenguts.
Eigentlich könnte man Wnendts Film als langsame Fahrt in das Herz der Finsternis sehen. Noch wird diese famose Hitler-Reinkarnation von den Medien hofiert, bekommt sie im Privatfernsehen eine eigene Talkshow, erweist sich im Gespräch mit dem Publikum als geschmeidiger Entertainer. Doch dann taucht ein Video auf, dass ihn zeigt, wie er einen kleinen Hund erschießt – schon bricht die Sympathie in sich zusammen. Das Publikum mag über den Holocaust hinwegsehen, aber ein wehrloses Tier zu töten, das entsetzt es maßlos.
Die Deutschen können nicht ohne
Hitler aber weiß schon jetzt, dass die Deutschen ohne ihn gar nicht mehr können. Auch Fabian Sawatzki ahnt inzwischen die Auswirkungen, die diese „Führer“-Reinkarnation auf das Volk haben wird. Zumindest, seit die demente jüdische Oma seiner Freundin in diesem netten Kerl das tatsächliche Monster wieder freigelegt hat. In völliger Abkehr zum Buch macht der Regisseur aus dem die Wahrheit ahnenden Fabian nun einen Attentäter, der den Tyrannenmord wagen will. Er steht auf verlorenem Posten. Kaum erschossen und in die Tiefe gestürzt, steht Adolf schon wieder hinter ihm. „Sie können mich nicht loswerden“, grinst er, „ich bin ein Teil von ihnen.“
Wnendt gelingt hier ein wahres Husarenstück, macht er doch aus einer hauptsächlich komisch angelegten Vorlage eine Durchleuchtung des Deutschtums, mit teilweise verheerenden Ergebnissen. Die Neonazis, von Hitler anfangs noch als unbrauchbare Weicheier abgekanzelt, stehen inzwischen fest an seiner Seite. Er selbst zieht derweil eine Bilanz all der Themen, die ihm voll Wut und Verdrossenheit entgegengeschlagen sind: „Ein Material, mit dem man arbeiten kann.“ Gänsehaut ist da schon angesagt.