Essen. Irgendwie hat die Liebe doch immer ihre Finger im Spiel. "Die Frau, für die ich den Computer erfand" heißt das Buch, in dem Friedrich Christian Delius erzählt das Leben des Computererfinders Konrad Zuse. Und der erfand den Computer für Ada Lovelace.

„Ohne Eros entwickelt sich nichts im Leben, nicht einmal der Bau von Rechenmaschinen”, hat Konrad Zuse (1910-1995) gesagt. Da war er schon im finalen Teil seines Lebens, weit nach der Zeit, in der er half, die Kriegsmaschinerie der Nazis zu optimieren. Und Friedrich Christian Delius hatte Glück: 1994, der hochbetagte Zuse erhält seine 14. Ehrendoktorwürde in Braunschweig, schwänzt er seinen Festakt und trifft sich lieber mit dem Autor in der hessischen Rhön.

Es gibt Jägerschnitzel, Himbeeren, einen guten Riesling und eine Lebensgeschichte, von 18 Uhr abends bis sechs Uhr morgens erzählt. Grantelnd, wehmütig, aber auch entspannt. Zuse will alles loswerden, veröffentlicht werden darf es aber erst nach seinem Tod. 18 Stunden Tonbandaufnahmen aus einer Vollmondnacht, im Mittelpunkt: eine Frau. Konrad Zuse erfand den Computer für Ada Lovelace.

Kein genialer Tüftler, zudem noch faul

Verheiratet war er mit einer anderen, die Gattin wird in einem Nebensatz erwähnt. Aber die schöne Tochter des Dichters Lord Byron, die von 1815 bis 1852 lebte, hatte es dem Tüftler angetan. Ihr Leben war kurz und tragisch. Die Kunstfigur bringt Delius in die Geschichte ein, um der sperrigen Hauptfigur im Werkzeugkittel Spannung zu verschaffen. In Wahrheit war der Festplatten-Mann wohl eher ein spröder Typ.

Der Computer ist, wie viele Errungenschaften der Technik, an mehreren Orten der Welt erfunden worden, weil die Zeit dafür reif war. Der Berliner Fummler, der in seiner Kreuzberger Wohnung am Rechner bastelte, gilt trotzdem als Computerpionier. Sein A 1-Rechner war fortgeschrittener in der Entwicklung als andere Geräte, obwohl der Ingenieur der Henschelwerke kein genialer Tüftler und nach eigener Aussage auch noch faul war.

Hochspannende Erfindung

Als Bill Gates noch nicht lebte, hatte Zuse im Wohnzimmer der Eltern Bleche mit der Laubsäge zurechtgesägt, dazu Zelluloid mit der Hand gelocht und andere Dinge gesammelt, aus denen er seine legendäre „Universal-Rechenmaschine” zusammennietete. In der Hitlerzeit kam er nicht weiter, nach 1945 baute er sich im Hessischen eine neue Existenz auf. Seine Patente wurden „mangels Erfindungshöhe” abgelehnt, dann aber doch von deutschen Universitäten, Verwaltungen und der Regierung übernommen.

Hochspannend diese Erfindung von Hochtechnologie in der Zeit des Nazismus. Delius' Roman ist ein einziger Monolog, gegliedert in Rückblicke, Gesellschaftsgeschichte der Bundesrepublik und DDR (die Russen wollten an die Erfindung), Sentimentales und Aufklärendes. Am Ende bekennt Goethe-Fan Zuse, dass er alles nur für Ada getan habe, das Ewig-Weibliche hat ihn angetrieben. „Hauptsache, Sie werden meiner Geschichte mit Ada gerecht”, bat er. Nun sitzt er bei ihr auf Wolke sieben.

F. C. Delius: „Die Frau, für die ich den Computer erfand”. Rowohlt, 287 Seiten, 19,90 €