Oberhausen. Unter dem Titel „Der Eros der Nasen” widmet die Ludwig Galerie Schloss Oberhausen dem Comiczeichner Ralf König die erste Museumsschau. Sie ist voller Knollennasen-Macker, und zum Frühwerk im dritten Stock dürfen „Kinder unter 16 Jahren bitte nur in Begleitung humorvoller Erwachsener".

In einer Zeit, in der sich diese vermeintliche freie, aufgeklärte Gesellschaft eigentlich nur noch mit zwei Themen provozieren lässt, Sex und Religion, hat sich Ralf König für die große Lösung entschieden. Er hat Comics über den homosexuellen Lebensalltag gezeichnet, als man damit noch Tabus brechen und bundesweite Beschlagnahmungsaktionen auslösen konnte. Und als er befand, das Thema sei durch, da hat er seine Knollennasenmänner ins Paradies verfrachtet und die Bibel neu gezeichnet Und wenn man den ebenso freundlich wie nachdenklich wirkenden Ralf König darüber reden hört, kapiert man sofort, dass da nicht bloß der provokante Selbstzweck den Zeichenstift führt, sondern der Selbstschutz.

Künstler müssen Position einnehmen

Künstler, davon ist König überzeugt, müssen Position einnehmen. Demokratie, Selbstbestimmung, Meinungsfreiheit – für den angenehm zurückhaltenden Sympathieträger der Schwulenbewegung und politisch denkenden Männchen-Maler keine hohlen Worte. Er war einer der wenigen, der zum Streit um die Mohammed-Karikaturen Stellung nahm. Nicht nur deshalb ist er für viele inzwischen der „wichtigste deutsche Comiczeichner". Ab Sonntag hat er sogar seinen Platz im Museum: Die Oberhausener Ludwig Galerie widmet ihm die erste große Ausstellung: „Der Eros der Nasen.”

Diese an Bauch und Bart ziemlich ausladenden Knollennasenmacker, die die weitläufige Verwandtschaft zu Loriot und Mordillo nicht leugnen können, sind sein drastisch-derbes Markenzeichen. Nicht nur Comicfreunde kennen sie, seit König-Klassiker wie „Kondom des Grauens” und „Der bewegte Mann” in den 1980er und 90ern den Weg ins Kino und ihr Millionenpublikum fanden.

Die Originale passen in einen Pappkarton

So überlebensgroß wie auf der Leinwand erscheinen diese knubbeligen Erotomanen mit dem Brusthaarteppich an den Museumswänden im kleinen DIN A 4 und 5 Format freilich nicht. Und wer sich tief über den König-Kosmos beugen will, mit dem bekannten Schwulen-Pärchen Konrad und Paul oder den Comic-Klassikern von „Jago” bis „Lysistrata”, sollte seine Lesebrille deshalb nicht vergessen. „Ich male nun mal für Bücher und Zeitschriften, nicht für Wände”, erklärt der Wahlkölner aus Westfalen, der sich selbst weniger als Zeichner, mehr als Geschichtenerzähler versteht.

Womöglich mag es daran gelegen haben, dass sein künstlerisches Archiv, das er der überraschten Oberhausener Museums-Chefin Christine Vogt beim ersten Besuch in die Hand drückte, aus einem Pappkarton bestand.

„Ich hab' meine Originale nie wirklich wertgeschätzt”, staunt der 49-Jährige heute selber. Manches ist verschütt gegangen oder wurde „fürn Appel und Ei verkauft”, aber das, was da ist, überzeugt inzwischen auch ihn, „wie das so schön gerahmt nach Kunst aussieht”. Weil ihm die großen weißen Wände trotzdem ein wenig Angst gemacht haben, hat er einige große Formate extra für die Ausstellung zugemalt: Knatschbunte Paradies-Bilder mit Adam und Apfel.

Humorvolle Erwachsene als Begleitung

Es ist die XXL-Bebilderung jener Religions-Trilogie, die er vor zwei Jahren begonnen hat - trotz der Sprengkraft, die jede Satire, die sich mit Glauben beschäftigt, inzwischen inne hat. „Es kann nicht sein, dass man sich 2009 nicht mehr über die Sintflut lustig macht”, hat König beschlossen, der auch im Beirat der Giordano-Bruno-Stiftung sitzt. Und also hat er seinen alttestamentarischen „Archetyp” und „Prototyp” gemalt, bis eine Woge des Protestes über seinen Noah-Nonsens hereinbrach. Sein nächstes Thema ist der Apostel Paulus.

Beharrlich ist er nun mal, der König, der Tischler gelernt hat, bis er an der Düsseldorfer Kunstakademie Ende der 1970er Jahre Farbe bekannte: als schwuler Mann und Comic-Zeichner. Da hatte sich der Strich schon wegentwickelt vom lustigen „Tim und Struppi”-Ton zur expliziten Erwachsenen-Unterhaltung. Und wer die Austellung über drei Etagen in Richtung Frühwerk erklimmt, der muss den Hinweis zwangläufig übertreten: „Kinder unter 16 Jahren bitte nur in Begleitung humorvoller Erwachsener”, steht da für jene, die schamvoll zu Boden blicken. Allen anderen ist der Weg klar vorgegeben: immer der Nase nach.

Die Ausstellung "Der Eros der Nasen" wird am Samstag, 19. September, um 19 Uhr eröffnet und ist bis 31. Januar im Haus an der Konrad-Adenauer-Allee 46 in Oberhausen zu sehen. Öffnungszeiten: dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr.