Oberhausen. Am Donnerstag laufen die 61. Kurzfilmtage in Oberhausen an. Das Sonderprogramm „Das dritte Bild“ wartet mit 50 dreidimensionalen Arbeiten auf.
Der französische Regisseur Nicolas Deveaux hat offensichtlich ein Faible für Giraffen. In seinem 3D-Kurzfilm „5 m 80“ lässt er gleich eine ganze Horde dieser Tiere durch die hohen Etagen eines Gebäudes streifen, das sich erst allmählich als Schwimmbad zu erkennen gibt. Und dann, als sei dies noch nicht seltsam genug, nehmen die Giraffen vor einem dunklen Gang plötzlich Anlauf und erweisen sich an dessen Ende völlig unerwartet als formvollendete Turmspringer. Und weil wir es hier mit räumlichen Bildern zu tun haben, scheinen uns im Parkett die Tiere beim Absprung mit ihren Mäulern schon sehr nah zu kommen.
Dieser wahrhaft unvergessliche Fünf-Minuten-Film gehört zu den rund 50 stereoskopischen Arbeiten, die in diesem Jahr das Spezialthema der am Donnerstag beginnenden 61. Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen bilden. „Das dritte Bild – 3D-Kino als Experiment“ hat man diesen Komplex benannt, der mit all seinen freien und experimentellen Produktionen ein Gegenentwurf sein soll zum kommerziell genutzten 3D des Blockbuster-Kinos. Jenseits aller dort praktizierten Effekthascherei will das Oberhausener Programm, das bislang umfangreichste dieser Art, Arbeiten von Künstlern und Filmemachern vorstellen, die sich auf die Suche gemacht haben nach einem genuinen dreidimensionalen Bild.
Spiele mit Fotos und Zikaden
Mit Worten ist das, was man hier in unterschiedlichen Formaten (3D, anaglyph, chromadepth) zu sehen bekommt, kaum zu beschreiben. Wenn etwa der Kroate Vladislav Knezevic in „ARCHEO29“ Archivfotos aus einer Illustrierten von 1929 benutzt, um sie wie Plakate räumlich zu verteilen, dann sagt das noch gar nichts über den Zauber aus, den dieser experimentell-animierte Film verströmt.
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Man kann auch nur erahnen, wie in „All Sides oft he Road“ ein zerbröckelndes Stück Highway in Iowa auf den Zuschauer wirkt, wenn man es aus nächster Nähe mit 3D-Ausrüstung filmt. Und dass eine innovative Rockband wie OK Go aus den USA mit einer Tanzkompanie für den Song „All Is Not Lost“ ein menschliches Kaleidoskop entwickelt, das der Schwerkraft trotzt, ist selbst im Bereich der Videoclips aufsehenerregend. Andere Filme, wie etwa „Something Might Happen“ von Timothy Geraghty mit seinen optischen Verwirrungen und akustischen Herausforderungen (Zikadenschwärme!) durchlebt man wie Fieberträume.
Der Berliner Filmemacher Björn Speidel, Kurator dieser ungewöhnlichen Retrospektive, betont die Möglichkeit, dass bereits Leonardo da Vinci Urheber des ersten 3D-Bildes gewesen sein könnte. Schließlich habe man inzwischen eine anonyme Kopie der „Mona Lisa“ entdeckt, bei der die gleiche Frau aus einer etwa 69 mm seitlich versetzten Position gemalt worden sei – was beinahe dem durchschnittlichen Augenabstand entspreche. Dass sich seit einem Jahrzehnt immer mehr Künstler der 3D-Technik bedienen, sieht Speidel als hoffnungsvolles Signal, da die kommerzielle Nutzung im Kino nur auf eine „Steigerung der Wahrhaftigkeit des Raumbildes“ abziele. Das aber sei nicht das Ziel der jungen „3D-Bastarde“ (Speidel). Bei ihnen ist 3D offenbar hauptsächlich eine Frage der Weltbetrachtung und -erforschung.
Eröffnet werden die 61. Kurzfilmtage Oberhausen am Donnerstag, 30. April, um 19 Uhr in der örtlichen „Lichtburg“. Dort enden sie auch mit der Verleihung der verschiedenen Preise am 5. Mai um 19 Uhr.
Die Filme der Reihe „Das dritte Bild“ laufen vom 1. bis 5. Mai in der Lichtburg. Auskünfte über das Programm sowie über die Wettbewerbe (International, National, NRW, Kinderfilm) und Specials: www.kurzfilmtage.de