Mülheim. . Das Kunstmuseum Alte Post zeigt die gesamte „Suite Vollard“, die Picassos Stil maßgeblich prägte. Zwei weitere Serien vervollständigen das Bild.
Seine wichtigsten Malstile und die diversen Farben seiner „Perioden“ hatte Picasso schon durch, als er sich 1930 vom Pariser Kunsthändler Ambroise Vollard zu einer Grafikserie überreden ließ. Picasso ließ sich sieben Jahre Zeit, und weil das einzige durchgehende Thema dieser Serie „Ich, ich und ich“ ist, nannte man sie fortan Suite Vollard.
Heute sind die punktum 100 Blätter Picassos berühmteste und zugleich wohl auch kostbarste Grafik-Serie. Und das Museum Alte Post in Mülheim gehört zu ihren glücklichen Besitzern, weil die Thyssen-Röhrenwerke zur Einweihung ihrer Rohrkonti-Straße 1965 dem örtlichen Kunstmuseum eine Schenkung darbrachten. Nun sind die Blätter aus dem Hausschatz in voller Pracht zu sehen – und das, obwohl man 1990 feststellen musste, dass dem Museum elf Blätter aus der großzügigen Schenkung abhanden gekommen waren, selbst eine Interpol-Fahndung konnte nicht aufklären, wo sie abgeblieben waren.
Auf der Grenze zwischen Mensch und Tier
Aber die elf fehlenden Blätter hat man in Mühlheim mit qualitativ hochwertigen Nachdrucken ersetzt; wer will, kann sie an einen zusätzlichen Papierstempel auf dem unteren Blattrand erkennen.
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„Wenn alle Wege, die ich beschritten habe, auf einer Landkarte mit einer Linie abgesteckt würden, so würde sie wohl einen Minotaurus ergeben,“ sagte Picasso einmal – und in der Suite Vollard taucht das Motiv mit großer Macht auf. Das Wesen auf der Grenze zwischen Wildheit und Zivilisation, zwischen Mensch und Tier entfaltet sich in seiner vollen, wollüstigen Pracht, vorzugsweise mit spärlich bekleideten Frauen.
Beeindruckender Einblick in Picassos Welt
Stilistisch spielt Picasso auffällig mit neoklassizistischen Formen, was ihn nicht davon abhält, auch surreale und kubistische Elemente einfließen zu lassen, nicht selten mit leicht ironischer Schattierung. Faszinierend aber ist allemal zu verfolgen, wie sich der Maler und Bildhauer Picasso die Drucktechniken von Radierung über die Kaltnadel bis zur Aquatinta aneignet. Der Perfektion seiner Linien gewiss, experimentiert er mehr und mehr mit Schraffuren.
Und befragt stets sich und die Kunst, den Maler und das Modell (hinter dem sich oft die seinerzeitige Muse Marie Thérèse Walter verbirgt), die Kunst und das Leben. Zwei weitere Serien – „Das unbekannte Meisterwerk“ nach der gleichnamigen Erzählung von Balzac – und das grafisch-politische Pamphlet „Traum und Lüge Francos“ ergänzen die Schau zu einem beeindruckenden Zeugnis des Grafikers Picasso.