Essen. . Die Schau gibt einen unkonventionellem Blick auf die Bildgeschichte des Krieges vor. Die Essener Ausstellung ist einer Kooperation mit dem Tate Modern in London.

Es gibt unzählige Bilder vom Krieg und längst auch einen Krieg der Bilder. Aber gibt es auch so etwas wie Nachhaltigkeit in der Kriegsfotografie? Etwas, das über das Zeitdokument, den Moment der Zerstörung, des Chaos’ und des Konfliktes hinausgeht? Das Museum Folkwang geht dieser Frage nun mit einer groß angelegten Bilderschau nach.

„Conflict. Time, Photography“ heißt das ambitionierte Projekt in Zusammenarbeit mit der Londoner Tate Modern und der Staatlichen Kunstsammlung Dresden. Zu sehen ist Fotografie, die die direkten Frontlinien verlässt, um den langfristigen Folgen der Auseinandersetzung nachzuspüren. Wenige Tage, einige Monate, manchmal auch 99 Jahre später sind Fotografen dorthin gegangen, wo der Krieg seine bleibenden Spuren hinterlassen hat – bei den Menschen, den Gebäuden, den Landschaften. Entstanden ist so eine Ausstellung, die sich mehr als fotografisch-künstlerisches Nachdenken über Krieg und Gewalt versteht denn als chronologische Schau der großen Schlachten.

Von Afghanistan bis Hiroshima

Gezogen wird ein historischer Bogen über mehr als 150 Jahre, der nicht nur quer über alle Kontinente reicht vom Deutsch-Französischen Krieg bis zum Afghanistan-Konflikt, vom Atombombenabwurf auf Hiroshima bis zum Ersten und Zweiten Weltkrieg und weiter nach Vietnam, Nicaragua, Kongo. Er zeigt auch ganz unterschiedliche Stile, Herangehensweisen und Denkansätze der mehr als 60 ausgestellten Fotografen.

Große Namen wie René Burri, Albert Renger-Patzsch, Stephen Shore und Ursula Schulz-Dornburg sind dabei, die 2012 in der kasachischen Steppe mit frontal fotografierten Bunkern und Brücken vor bleigrauem Becher-Himmel nicht nur Relikte des Wettrüstens dokumentiert, sondern auch ein Stück deutsche Fotogeschichte.

Erinnerungsbilder sind befreit vom Ballast des unmittelbaren Erlebens

Aber auch junge Fotografen sind vertreten, für die Vietnam-Krieg oder D-Day in der Normandie nur noch Einträge im Geschichtsbuch sind. Ihre Erinnerungsbilder sind befreit vom Ballast des unmittelbaren Erlebens und geraten so zur vielschichtigen Reflexion über die Darstellung und Wahrnehmung von Krisen und kriegerischen Konflikten, die bis heute durch die Fotografie bestimmt sind.

Museum Folkwang zeigt Kriegsschäden

Die Windmühlenstraße in Essen von Willy van Heekern 1943. Repro: Kerstin Kokoska /  Funke Foto Services
Die Windmühlenstraße in Essen von Willy van Heekern 1943. Repro: Kerstin Kokoska / Funke Foto Services © Essen
Ansicht Essens nach dem ersten schweren Bombenangriff 1943. Fotograf war Albert Renger-Patzsch. Repro: Kerstin Kokoska /  Funke Foto Services
Ansicht Essens nach dem ersten schweren Bombenangriff 1943. Fotograf war Albert Renger-Patzsch. Repro: Kerstin Kokoska / Funke Foto Services © Kerstin Kokoska / Funke Foto Services
Ansicht Essens nach dem ersten schweren Bombenangriff 1943. Fotograf war Albert Renger-Patzsch. Repro: Kerstin Kokoska /  Funke Foto Services
Ansicht Essens nach dem ersten schweren Bombenangriff 1943. Fotograf war Albert Renger-Patzsch. Repro: Kerstin Kokoska / Funke Foto Services © Essen
Ansicht Essens nach dem ersten schweren Bombenangriff 1943. Fotograf war Albert Renger-Patzsch. Repro: Kerstin Kokoska /  Funke Foto Services
Ansicht Essens nach dem ersten schweren Bombenangriff 1943. Fotograf war Albert Renger-Patzsch. Repro: Kerstin Kokoska / Funke Foto Services © Essen
Ansicht Essens nach dem ersten schweren Bombenangriff 1943. Fotograf war Albert Renger-Patzsch. Repro: Kerstin Kokoska /  Funke Foto Services
Ansicht Essens nach dem ersten schweren Bombenangriff 1943. Fotograf war Albert Renger-Patzsch. Repro: Kerstin Kokoska / Funke Foto Services © Essen
Blick vom Rathausturm, Essen nach dem ersten schweren Luftangriff, März 1943, Albert Renger-Patzsch. Repro: Kerstin Kokoska /  Funke Foto Services
Blick vom Rathausturm, Essen nach dem ersten schweren Luftangriff, März 1943, Albert Renger-Patzsch. Repro: Kerstin Kokoska / Funke Foto Services © waz
Gesellschaft im Kruppschen Bildungsverein bei Trümmeraufnahmen im zerstörten Essen (Akazienallee), 1946 von Josef Stoffels. Repro: Kerstin Kokoska /  Funke Foto Services
Gesellschaft im Kruppschen Bildungsverein bei Trümmeraufnahmen im zerstörten Essen (Akazienallee), 1946 von Josef Stoffels. Repro: Kerstin Kokoska / Funke Foto Services © waz
Bilder der Ausstellung
Bilder der Ausstellung "Conflict, Time, Photography" im Folgwang Museum Essen. Repro: Kerstin Kokoska / Funke Foto Services © Essen
Die Fotowand
Die Fotowand "Tatsache" von der Fotografin Sophie Ristelhueber. Die Ausstellung präsentiert vom 10.04. bis 5.07.2015 die vielfältigen Formen der bildnerischen Auseinandersetzung mit kriegerischen Konflikten im Medium der Fotografie. © dpa
Die Fotowand
Die Fotowand "Dachau" vom Fotografen Rudolf Herz. © dpa
Die Fotowand
Die Fotowand "offenes Meer" von den Fotografen Jim Goldberg und Kamel Khelif. © dpa
Museum Folkwang in Essen zeigt die Ausstellung:
Museum Folkwang in Essen zeigt die Ausstellung: "Conflict, Time, Photography", eine bildnerische Auseinandersetzung mit kriegerischen Konflikten. © Kerstin Kokoska / Funke Foto Services
Die Ausstellung präsentiert bis zum 5. Juli 2015 die vielfältigen Formen der bildnerischen Auseinandersetzung mit kriegerischen Konflikten im Medium der Fotografie.
Die Ausstellung präsentiert bis zum 5. Juli 2015 die vielfältigen Formen der bildnerischen Auseinandersetzung mit kriegerischen Konflikten im Medium der Fotografie. © dpa
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Über die Objektivität dieser Bilder ist oft und viel gestritten worden, im Museum Folkwang interessiert man sich auch für die subjektive, die kreative Sicht. So wie Julian Rosefeldt 49 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs Hitlers Führerbau in München fotografiert oder Chloe Dewe Mathews 99 Jahre nach Ende des Ersten Weltkriegs dahin schaut, wo einst Fahnenflüchtige hingerichtet wurden.

Es braucht nicht mal den Blick ins Massengrab republikanischer Gefangener, den Luc Delahaye 70 Jahre nach Ende des Spanischen Bürgerkriegs festgehalten hat, um uns zu zeigen, was Krieg und Gewalt mit den Menschen macht. Mit fast beiläufiger Alltäglichkeit hat Stephen Shore die Begegnung mit Überlebenden des Holocaust in der Ukraine dokumentiert. Und doch, so Shore, hat er „nie so stark belastete Inhalte fotografiert“.

Extra für Essen um den Ruhrgebiets-Aspekt erweitert

125 Fotografien, ergänzt um etliche Hundert Exponate im „Archive of Modern Conflict-Raum“zeigt die umfangreiche Schau, die speziell für Essen um den Ruhrgebiets-Aspekt erweitert wurde. Denn Essen ist 1945 eben nicht nur Krupp-Stadt, sondern auch Hauptstadt der Zerstörung – und ein Brennpunkt der Fotografie. Alfred Renger-Patzsch und Willy van Heekern kamen unmittelbar nach Kriegsende in die Stadt und schrieben Fotogeschichte.