Düsseldorf. . Die Deutsche Oper am Rhein in Champagnerlaune: mit Donizettis „Liebestrank“ liefert sie einen Erfolgsnachweis für ihre vorbildliche Nachwuchsarbeit.
So einhellig der Premieren-Beifall ausfiel, so zwiespältig die Eindrücke, die die Neuproduktion der Deutschen Oper am Rhein von Gaetano Donizettis „komischer“ Oper „Der Liebestrank“ hinterlässt. Szenisch beschert sie immerhin kein Desaster wie die letzte Kölner Inszenierung und musikalisch kann sie rundum überzeugen. Damit verbunden ist ein geradezu triumphaler Erfolg der vorbildlichen Nachwuchsarbeit des Opernstudios. Drei Solisten stammen aus der Talentschmiede der Rheinoper, darunter auch der rumänische Tenor Ovidiu Purcel, der der anspruchsvollen Rolle des Nemorino mit seinem fast knabenhaft hellen, mit gesunder Mittellage und mühelosen Höhen ausgestatteten Tenor markante Akzente verleiht und mit Emphase und Feingefühl einen geradezu triumphalen Erfolg erzielen konnte.
Die etwas eindimensionaler zugeschnittene Rolle des etwas aufgeblasenen Offiziers Belcore verlangt nach kräftigeren Tönen, die der Bariton Bogdan Baciu nicht schuldig bleibt. Ein Talent, das mit seinem stimmlichen Volumen geradewegs ins dramatische Fach vorrücken dürfte. Eine nicht minder hoffnungsvolle Probe liefert die ebenfalls aus Rumänien stammende Sopranistin Luiza Fatyol in der kleineren, aber szenisch aufgewerteten Rolle der Giannetta.
Neben den drei „Eigengewächsen“ aus dem Opernstudio sorgt die mittlerweile zu Salzburger Festspiel-Ehren gelangte Sopranistin Anett Fritsch als Adina mit federleicht geführter, gleichwohl substanzreicher Stimme, der weder langgezogene Kantilenen noch kapriziöse Koloraturen Probleme bereiten, für einen weiteren Stern der Produktion. Günes Gürle lässt als Dulcamara an stimmlichem Wohllaut keinen Wunsch offen, auch wenn er szenisch erstaunlich unauffällig bleibt. Und da auch Lukas Beikircher am Pult der Düsseldorfer Symphoniker nicht mit lyrischem Schmelz und angemessenem Drive geizt, steht dem musikalischen Erfolg des Düsseldorfer „Liebestranks“ nichts im Wege.
Nicht so glücklich stimmt die Inszenierung von Joan Anton Rechi, dem wir eine erfreulich sensible Inszenierung der „Csárdásfürstin“ verdanken. Der Regisseur tut sich schwer damit, die Doppelbödigkeit des Stücks in den Griff zu bekommen. Auch wenn Donizetti von einer „Opera comica“ spricht, so ist es doch keine krachledernde Buffa, sondern eher eine mediterran entschlackte Version des „Tristan“-Stoffs, die stilistisch Mozart nähersteht als Rossini. Die Gratwanderung zwischen empfindsamem Liebesdrama und ironischer Sublimierung führt bei Rechi zu einem Spagat zwischen steriler Blässe in den lyrischen Teilen und aufgedrehten Gags, um den bisweilen stotternden Motor in Gang halten zu können. Da muss die arme Giannetta als hochschwangere Braut bis zur schmerzhaften Geburt eine Presswehe nach der anderen erdulden und Dulcamara als Barmixer wie ein überdrehtes Wiesel über die Bühne hüpfen.
Dabei blickt Rechi tief ins Sektglas und lässt die Personen in einer modern gestylten Hochzeitsgesellschaft mehr zuprosten als menschlich näherkommen. Die erotische Komponente des Werks hat vor sechs Jahren András Fricsay an gleicher Stelle überzeugender vermitteln können.
Unterstrichen wird die Champagnerlaune durch das an sich originelle, atmosphärisch aber unterkühlte Bühnenbild von Joan Anton Rechi. Ein Baldachin aus unzähligen, einzeln aufgehängten Sektgläsern, der sich senken und variabel aufteilen lässt, assoziiert in unterschiedlichen Beleuchtungen einen reizvollen Sternenhimmel, der allerdings mehr Distanz als mediterrane Wärme verströmt.
Viel Beifall für alle Beteiligten. Insgesamt ein weiterer Beweis für die Probleme, die Donizettis sublimer Humor bereitet und zugleich ein Erfolgsnachweis für die vorbildliche Nachwuchsarbeit der Rheinoper.
Die nächsten Aufführungen im Düsseldorfer Opernhaus: am 11. und 22. Februar sowie am 1., 8., 11. und 22. März (Infos: www.rheinoper.de).