Essen. Ein Gespräch mit Hollywood-Star Tommy Lee Jones über Schauspieler, Polo und Einzelgängerei. In dieser Woche läuft sein Film „Homesman“ im Kino an.

Ein Interview mit Tommy Lee Jones, Hollywoods berüchtigtem „grumpy old man“, ist wie eine Postkutschenfahrt: Zu Beginn freut man sich noch über die Reise, dann hofft man nur noch, mit heiler Haut anzukommen. Seit er 1970 in „Love Story“ eine Nebenrolle hatte, ist der heute 68-jährige Schauspieler gut im Geschäft. Viermal wurde er für den Oscar nominiert, einmal hat er ihn bekommen – als Bester Nebendarsteller in „Auf der Flucht“. Und auch als Regisseur machte er sich einen Namen: nach „Die drei Begräbnisse des Melquiades Estrada“ (2005) stand er bei „The Homesman“ wieder vor und hinter der Kamera.

Warum haben Sie in „Homesman“ Regie geführt?

Tommy Lee Jones: Weil ich so die kreative Kontrolle habe. Was dachten Sie denn?

Können Sie beschreiben, wie Sie Regie führen?

Tommy Lee Jones: Ich sage ziemlich oft: „Action“. Und: „Cut“.

Sind Sie streng, geben Sie detaillierte Regieanweisungen, lassen Sie einfach spielen, fordern Sie von den Schauspielern viele Takes?

Tommy Lee Jones: Ich bin eine Mischung aus Diktator und Dirigent eines großen Orchesters, bestehend aus Schauspielern und technischem Stab. Manchmal bin ich nur Berater. Oder Cheerleader. Babysitter.

Der berühmte Regisseur Howard Hawks sagte mal: „Verlange von einem Schauspieler nie etwas, was er nicht kann. Das gilt übrigens auch für Pferde.“ Ist das auch Ihr Motto?

Tommy Lee Jones: Mitunter. Wenn man – wie ich – ein Leben lang mit Schauspielern zu tun hatte, weiß man ziemlich schnell, was sie können und was nicht. Schließlich bin ich selbst Schauspieler. Mr. Hawks war es nicht. Und was Pferde betrifft: mit denen sollte man noch sensibler umgehen als mit Schauspielern.

Sie haben für die Rolle der Mary Bee Cuddy die wunderschöne Hilary Swank ausgesucht. Im Buch ist Mary Bee aber hässlich und findet deshalb keinen Mann, der sie heiraten will. Ist Hilary Swank so gesehen nicht eine Fehlbesetzung?

Tommy Lee Jones: Hilary Swank – eine Fehlbesetzung???

Anders gefragt: Warum wird eine so schöne und wohlhabende Frau von zwei Männern abgewiesen?

Tommy Lee Jones: Der erste war ein Idiot und der zweite, den ich spiele, wollte seine Ungebundenheit behalten. Aber darüber sollte sich jeder, der den Film sieht, seine eigenen Gedanken machen. Ich bin kein Erklärer meiner Filme. Können Sie ihn mir erklären?

Es ist besser mit jemanden an seiner Seite durchs Leben zu gehen, als allein. Wie wäre es damit?

Tommy Lee Jones: Das ist sicher ein zentraler Punkt des Films. Da haben Sie recht.

Im Film spielen Sie einen Mann, der die Dinge am liebsten allein regelt. Wie viel „Loner“ steckt denn in Tommy Lee Jones?

Tommy Lee Jones: Im Film geht es nicht um mich... (lange Pause) Ich bin sicher nicht der einsame Wolf, für den mich viele halten. Ich habe eine Menge Freunde, Sie nicht?

Sie sind seit über vier Jahrzehnten sehr erfolgreich im Filmbusiness tätig. Was glauben Sie, wie haben Sie das hingekriegt?

Tommy Lee Jones: Ich habe immer versucht, so authentisch wie möglich zu sein. Und mich mit talentierten Regisseuren und Schauspielern umgeben. Das hilft.

Die Wahl Ihrer Filme ist ziemlich eklektisch. Gibt es etwas, das Filme wie „Love Story“, „Auf der Flucht“, „Batman Forever“, „Natural Born Killers“, „No Country for Old Men“, „Lincoln“ und die „Men in Black“-
Serie verbindet?

Tommy Lee Jones: Originalität. Ich bin ständig auf der Suche nach etwas Neuem, nach Qualität. Dabei bin ich sehr wählerisch, eklektisch, wie Sie schon sagten.

Sie sind aus Texas und Texaner haben den Ruf, konservativ zu sein...

Tommy Lee Jones: Was ist schlecht daran, das Gute bewahren zu wollen? Unser Wertesystem ist nicht besser oder schlechter als irgendein anderes auf der Welt.

Wissen Sie, wie man mit einem Brandeisen umgeht?

Tommy Lee Jones: Darauf können Sie wetten. Und nicht nur das. Ich mache alles selbst. Vom Kastrieren junger Bullen bis zum Schlachten.

Und wie erholen Sie sich in Ihrer Freizeit am liebsten?

Tommy Lee Jones: Ich schaue mir ab und zu ein Football-Spiel im Fernsehen an.

Ist das alles?

Tommy Lee Jones: Ich spiele ab und zu gerne Polo.

Warum gerade Polo?

Tommy Lee Jones: Haben Sie schon mal versucht, vom Rücken eines dahin rasenden Pferdes einen kaffeetassenkleinen Ball mit einem Schläger zu treffen?

Nein.

Tommy Lee Jones: Das dachte ich mir.