Essen. . Neu im Kino: Ein Film von Uwe Janson, der an sein Spielfilmdebüt vor 25 Jahren anknüpft: Eine Liebesgeschichte um eine Frau, die als Kind nur knapp dem Konzentrationslager entkam und ihrem Schicksal davonlaufen möchte. Neben Hannelore Elsner spielt auch Mathieu Carriere mit – aber nur sehr, sehr kurz.

Wenn man weiß, dass dieses herausragend gute Drama mit einem Suizidversuch beginnt, wirkt der Titel beinahe zynisch. Dem scharfzüngigen Sarkasmus der weiblichen Hauptfigur ist ohnehin kaum jemand gewachsen. Dennoch ist „Auf das Leben!“ eine Ode an die Lebensfreude; und das, obwohl die lebensmüde Heldin mehr Leid erfahren hat, als ein Mensch alleine aushalten kann.

„Auf das Leben!“ erzählt von der jüdischen Sängerin Ruth Weintraub (Hannelore Elsner), die seit vierzig Jahren nicht mehr singt. Nach einer Zwangsräumung findet sich Ruth in einem anonymen Wohnghetto wieder. Nur durch Zufall verhindert der junge Jonas (Max Riemelt), dass sie ihrem Leben ein Ende setzt.

Während Ruths Abwesenheit nistet er sich in ihrer Wohnung ein. Dort findet er einige Filmdosen und einen Projektor: Anfang der Siebziger hat ein Filmstudent einen Dokumentarfilm über Ruth gedreht. Zunächst zeigen die Aufnahmen ihre mitreißenden Darbietungen jiddischer Lieder, dann erzählt sie, wie sie als Kind in Polen vor jenem Konzentrationslager bewahrt wurde, in dem ihre Eltern starben; und wie sie kurz drauf in letzter Sekunde vor einem deutschen Erschießungskommando gerettet wurde.

Herausragende Kamera-Arbeit

Geschickt verknüpft Drehbuchautor Thorsten Wettcke Gegenwart und Vergangenheit, zumal es dank Ruths Erzählungen auch noch Rückblenden in der Rückblende gibt. Dank des ausgefeilten dramaturgischen Konzepts ist die Geschichte jedoch nie verwirrend. Weil sich Filmstudent Victor damals prompt in Ruth verguckt hat, wandelt sich „Auf das Leben!“ unmerklich zur Liebesgeschichte.

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Als Ruth den Filmemacher vor laufender Kamera auf die Bühne bittet, stellt auch der verblüffte Jonas fest, was man als Zuschauer längst weiß: Er ist Victor wie aus dem Gesicht geschnitten. Der junge Mann ist ohnehin weit mehr als bloß ein Vorwand, um die Handlung ins Rollen zu bringen: Ähnlich wie Ruth will auch Jonas vor seinem Schicksal davonlaufen.

Uwe Janson hat zuletzt durch die Sat.1-Satiren „Der Minister“ und „Die Schlikkerfrauen“ von sich reden gemacht. Mit „Auf das Leben!“ knüpft er an sein vor 25 Jahren entstandenes Nachkriegsdrama „Verfolgte Wege“ (sein Regiedebüt) an. Neben der kunstvollen Kombination der verschiedenen Zeitebenen beeindruckt sein jüngster Film nicht zuletzt durch die herausragende Kamera-Arbeit: Peter Joachim Krause sind Bilder von betörender Schönheit gelungen.

Elsner singt erstmals

Ruths grauenvolle Kriegserlebnisse sind dafür umso alptraumhafter. Nicht minder vorzüglich ist die Besetzung. Für Hannelore Elsner, die hier erstmals auch singt, ist die Ruth ebenso eine Traumrolle wie für die junge Ruth-Darstellerin Sharon Brauner; das bei Colosseum erschienene Filmmusikalbum enthält auch ihre jiddischen Lieder. Die Schlüsselfigur der Geschichte wird von Mathieu Carrière verkörpert, dessen prägnanter Auftritt allerdings so kurz ist, dass man nicht mal von einer Gastrolle sprechen kann.