Düsseldorf. AC/DC-Mitgründer Angus Young wird 60 und seine Band macht ihm Kummer: Sein Bruder Malcolm leidet an Demenz, Drummer Phil Rudd wurde wegen des angeblichen Engagements von Auftragskillern festgenommen. Feiern will er den runden Geburtstag trotzdem – “in einem netten kleinen Stadion“. Ein Gespräch.

Angus Young residiert in einer Suite des Breidenbacher Hofs, die etwas überdimensioniert wirkt. Denn bei dem Australier mit schottischen Wurzeln handelt es sich um ein schmächtiges Männchen – mit weitestgehend kahler Kopfhaut und ungesundem grauen Teint. An diesem Morgen ist er mit einer Hiobsbotschaft erwacht: Drummer Phil Rudd wurde von der neuseeländischen Polizei wegen des angeblichen Engagements von Auftragskillern festgenommen. Was andere Künstler zu einer sofortigen Stornierung der Presse-Termine veranlasst hätte. Nicht aber Angus Young, der trotzdem Marcel Anders zum Interview traf.

Ist Ihnen bei dem Medienrummel um die Demenz Ihres Bruder Malcolm und um die Festnahme Ihres Schlagzeugers Phil Rudd überhaupt zum Feiern zumute?

Angus Young: Das ist gerade eine ganz schwierige Phase. Eine, die uns alle sehr mitnimmt. Aber: Solche Dinge passieren und man muss versuchen, damit klarzukommen.

Besteht bei Malcolm die Hoffnung, dass er wieder geheilt wird?

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Young: Leider nicht. Er hat sein gesamtes Kurzzeitgedächtnis verloren, was wirklich übel ist. Und deshalb hat er das Kapitel AC/DC auch endgültig abgeschlossen. Er hat gesagt, dass er das nicht mehr hinkriegt.

Lässt Sie das nicht über die Halbwertszeit dieser Band grübeln?

Young: Nicht wirklich. Wir haben immer noch Spaß an dem, was wir da tun. Und wir sind noch hungrig, wir spüren immer noch dieses Verlangen, da rauszugehen und den Leuten eine tolle Show zu bieten oder ins Studio zu gehen und richtig tolle Songs aufzunehmen.

Wobei „Rock Or Bust“ extrem übersichtlich ausfällt: Mit gerade mal 35 Minuten Gesamtspielzeit ist es das kürzeste Album Ihrer Karriere. Wie kommt’s?

Young: Das war die Idee von Brendan O’Brien, unserem Produzenten. Er meinte, wir sollten das Ganze so angehen wie unsere Konzerte, also im Sinne von boom, boom, boom – einen Kracher nach dem anderen, ohne Verschnaufpause. Was auch bedeutete, dass wir dafür weniger Songs schreiben mussten als sonst, und dagegen hatte ich nichts einzuwenden. Das war OK… (lacht)

Außerdem ist es der Beweis, dass AC/DC eine gute Blues-Band ist…

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Young: Ja, wir sind große Blues-Fans – schon immer. Deswegen sind da auch so viele Elemente in unserer Musik. Der Blues gehört zur Rockmusik – er ist Teil unserer Natur.

Dann ist der Ruf als Mutter aller Heavy Metal-Bands ein großes Missverständnis?

Young: (lacht) Das könnte man so sagen. In meinen Augen sind wir eine Rock-Band, eine blues-infizierte Rockband. Kann sein, dass wir das lauter und härter rüberbringen als andere, aber das ist unser Metier.

Könnten Sie sich vorstellen, mal ein Blues-Album aufzunehmen?

Young: Nichts lieber als das! Nur: Wer würde das kaufen? (lacht) Vielleicht meine Mutter und ich. Aber das wäre es auch schon.

Und warum Stücke über kriegsgeile Soldaten, gefährliche Frauen und Schadstoffbegrenzung bei PKWs?

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Young: (lacht) Das ist doch ein nettes Spektrum, oder? Eben Frauen, Krieg und Autos – absolut zeitlose Themen, mit denen sich jeder identifizieren kann. Wobei es in „Miss Adventure“ um diese James Bond-Gespielinnen der 60er und 70er geht. „Dogs Of War“ handelt dagegen von Hannibal, dem antiken Kriegsherren, der die Römer aufgemischt hat und der ein guter Stratege war. Na ja, und „Emission Control“ ist nur ein Spaß – ein seriös klingender Titel zu einem Song, der alles andere als seriös ist. Das ist unsere Art von Humor.

Geht AC/DC wieder auf Tournee?

Young: Das werden wir. Irgendwann 2015 – wobei wir momentan im frühesten Planungsstadium sind. Aber: Es wird die beste und größte Show sein, die wir auf die Beine stellen können. Darauf freue ich mich wie ein kleines Kind.

Das heißt: Wo und wie begehen Sie Ihren 60. Geburtstag?

Young: Hoffentlich irgendwo auf der Bühne, in einem netten kleinen Stadion. Falls ich an dem Tag aber frei haben sollte, bleibe ich einfach im Bett – sofern mich die Jungs lassen. Denn das ist Problem in einer Band wie dieser: Im Grunde sind wir alle noch 18. Wir sehen zwar nicht so aus, aber wir fühlen uns so, wir leben so und wir machen immer noch viel Blödsinn. Das ist das Tolle daran. Ich hoffe, es bleibt noch ein paar Jahre so…

Also: Ende offen?

Young: AC/DC ist eine endlose Geschichte, Mann. (lacht)