Köln. . Einst waren Peter Brings und seine Mannen eine Skandal-Band. Jetzt sind sie Kulturgut. Seit fast 25 Jahren steht Brings mit kölsche Tön’ auf deutschen Bühnen. Das Hauptgeschäft ist der Karneval. Doch nicht nur im Rheinland, sondern auch in Westfalen ist Brings eine feste Größe.
Die Zeichen standen auf Krawall. Sobald die fünf Zausel ganz unverhohlen Drogen-Konsum priesen, verließen konservative kölsche Karnevalisten demonstrativ den Saal. Das war vor 14 Jahren. Die Truppe hieß Brings – und ihr Hit „Superjeile Zick“, supergeile Zeit. Das Stück blieb. Sonst änderte sich fast alles. Wenn die Combo heutzutage Jecken rockt, singen alle mit. „Wir sind“, erzählt Band-Chef Peter Brings (50) grinsend, „längst zum Kulturgut geworden.“
Rückblende. 1990 wird die Gruppe gegründet. Peter Brings spielt Gitarre, sein ein Jahr jüngerer Bruder bedient den Bass. Dass die beiden Musiker werden würden, war fast zwangsläufig: Ihr Vater Rolly ist ein Säulenheiliger der kölschen Szene. Ähnlich der Lebensweg von Tastenmann Kai Engel – er ist Sohn von Bläck-Fööss-Gründer Tommy Engel. Schlagzeuger Christian Blüm hat ebenfalls einen berühmten Vater, der lange Jahre Bundesarbeitsminister war. Nur der fünfte Mann und zweite Gitarrist kann nicht mit einem großen Namen prunken: Harry Alfter. Die Fünf sind Brings.
„Fünf Leute gegen den Rest der Welt“
Ihr Programm: kölsche Tön’, textlich wie musikalisch. Das macht auch Bap. Aber Brings geben sich wilder. Sex & Drugs & Rock’n’Roll – das ist das unausgesprochene Motto der frühen Jahre. „Der Traum von Rock’n’Roll war immer: fünf Leute gegen den Rest der Welt, gegen alle Konventionen“, sagt Peter Brings.
Ein fortwährender Ritt auf der Rasierklinge. Die Musiker leben am Limit, körperlich, psychisch. Wie durch ein Wunder explodiert die Band nicht. „Wir hatten auch Momente, wo wir nicht pari waren“, erzählt der Band-Chef, „wo wir Angst hatten, die falschen Schritte zu tun.“
Dennoch zieht er im Jahr 2000 positive Bilanz. Die ersten zehn Jahre im Studio wie auf der Bühne waren eine „superjeile Zick“. Und dann kommen zwei Musikmanager auf die Idee, die Nummer im Karneval zu bringen. Türöffner für Brings sind die Höhner. Siehe da: Das Stück funktioniert. Und Brings wandelt sich. Aus Konzert-Rock wird Party-Musik.
„Wir wurden ja immer als Punk gesehen“
Die Musiker legen sich einen wiedererkennbaren Bühnen-Dress zu: das Schotten-Karo, so wie es britische Punk-Bands mögen. „Wir wurden ja immer als Punk gesehen“, erinnert sich Peter Brings, „jedenfalls haben uns das die Präsidenten (des Sitzungskarnevals, Red.) immer gesagt.“ Die Band-Uniform hat noch eine andere Bedeutung. „Die Kulissen“, weiß Peter Brings, „sind manchmal knallbunt, und wenn die Musiker alle dasselbe tragen, wissen die Leute im Saal, die gehören zusammen.“
Karneval ist ein gutes Geschäft. Die Spaß-Band arbeitet hart. Ein Auftritt dauert 25 Minuten. Wenn’s schlecht läuft, ist Brings in der Session für drei Auftritte pro Tag gebucht. „Ganz hart“, sagt Peter Brings, „wird’s an Weiberfastnacht mit sieben, acht, manchmal sogar zehn Auftritten.“ Bis Aschermittwoch stehen 200 Auftritte an.
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Für die Musiker heißt das: fit sein und vor allem ausgeschlafen. Sex und Suff waren gestern. Kein Wunder, dass der Kühlschrank im Probenraum der Band im Kölner Stadtteil Braunsfeld bis oben hin gefüllt ist mit – Fassbrause. Klarer Kopf, klarer Sound.
Die Fans kennen das neue Stück schon aus dem Internet
In die neue Session geht Brings mit einem neuen Stück: „Polka, Polka, Polka“. Das Lied hat nicht nur das Zeug zum Jecken-Soundtrack, sondern bedient nebenher auch mit leichter Hand die Sehnsucht nach Frieden im Osten Europas. Die Fans kennen das Stück schon – dem Internet sei Dank – und singen gern mit. Kölsch ist Kult, der einst als Proleten-Akzent geschmähte Dialekt zurück – Gegentrend zur Globalisierung. „Es gibt eine Bewegung, die ,Los mer singe’ heißt, wo junge Leute die alten Lieder lernen. Das ist die einzige Möglichkeit, dass die Sprache überlebt und nicht zur Folklore verkommt“, meint Peter Brings.
Er und seine Mannen sind längst über die Grenzen des Rheinlandes hinaus bekannt. Im Revier gehört die Gruppe fest zu den Olé-Festivals, im Sauerland ist sie bei Schützenfesten ein Volltreffer. Und dann zeigt Peter Brings auf seinem Smartphone ein Video. Eine Menge tanzt, singt, feiert. „Hamburg“, sagt er stolz, „die Hütte war voll.“
Info
Im kommenden Jahr wird Brings 25. Die Band hat sich zum Jubiläum vorzeitig ein Geschenk gemacht. Sie hat ihre eigene Geschichte aufgeschrieben: Mit Hilfe des Journalisten Uli Kreikebaum entstand das Buch „Brings. Superjeile Zick. Das Leben ist ein Rockkonzert“ (KiWi, 286 S., 15 Euro).