Leipzig. Felix Kummer, Frontmann von “Kraftklub“, im Gespräch über das Aufwachsen im Osten, erste musikalische Erfahrungen und die Fans der Band. In der Schule hat er nichts über die DDR gelernt. Und vor dem ersten Auftritt bei der neuen Tour hat er mächtig Bammel gehabt.

Sie wollten nicht nach Berlin: Das hat „Kraftklub“ 2011 in die Welt posaunt – und erzielte damit den großen Durchbruch. Zunächst spielten sie bei Bands wie „Die Ärzte“ oder „Fettes Brot“ im Vorprogramm, heute füllen sie selbst große Hallen. Das zweite Album „In Schwarz“ ist raus, und darauf bleiben sie ihrem Stil – Zeitgeisttexte, unterlegt mit Rap und Schrammelrock – treu. Die Chemnitzer Jungs sind Kinder der Wende, die meisten von ihnen wurden 1989 geboren. Als Geburtsort steht Karl-Marx-Stadt im Pass. Fabienne Piepiora sprach mit Frontmann Felix Kummer (Kampfname: „Brummer“) über das Aufwachsen im Osten, über Karl-Marx-Stadt und Berlin und erste musikalische Erfahrungen.

Herr Kummer, wie sind Ihre Erinnerungen an den Mauerfall?

Felix Kummer: Eigentlich habe ich gar keine. Meine Mutter hat mich damals hippiemäßig mit einem Tuch vor den Bauch gebunden und zu den Demos mitgeschleppt. Das hat sie mir später erzählt. Meine Mutter war Künstlerin, die hatte eine meterdicke Stasiakte. Aber sonst kann ich mich an nichts erinnern.

Wurde die ostdeutsche Geschichte dann später in der Schule behandelt?

Kummer: Nö. Wir haben viel über den Zweiten Weltkrieg und die Nazizeit gesprochen, nach 1945 kam so gut wie nichts.

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Auf der ersten Platten singen Sie stolz „Ich komm aus Karl-Max-Stadt“. Was verbinden Sie heute mit der Stadt?

Kummer: Das ist meine Heimat, da bin ich aufgewachsen. Ich mag die Mentalität der Leute dort: Wenn man nichts hat, muss man selbst etwas schaffen. Leider ist der Club, in dem wir als Jugendliche abhingen, wo wir unsere ersten Auftritte hatten und den mein Vater mitbetrieb, geschlossen worden. Eine Stadt braucht aber ein paar Verrückte, die gute Ideen haben. Es sollte mehr Subkultur gefördert werden.

Sie wollten nie nach Berlin. Nun sollen Sie doch in die Hauptstadt gezogen sein.

Kummer: Ich hab’ keine Lust mehr, das Gerücht zu kommentieren. Wenn wir da wohnen sollen, stört es auch keinen, wenn wir tatsächlich mal umziehen. Es stimmt allerdings, dass wir dort unser Album aufgenommen haben. Das war ein bisschen wie auf Montage. Am Wochenende sind wir wieder nach Hause gefahren.

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Was haben Sie eigentlich in den 90er Jahren für Musik gehört – gibt es für Sie typische Ost-Musik?

Kummer: Meine musikalische Sozialisation hat erst recht spät begonnen. Sie begann mit hartem Rap, von Sido. Ich konnte meine Eltern eigentlich nicht schocken, aber ein paar Lieder von Sido fanden sie schon grenzwertig.

Hat Kraftklub einen guten Draht zu anderen Musikern aus dem Osten wie den Beatsteaks, Marteria oder Clueso?

Kummer: Klar haben wir zu einigen Kontakt, ab und zu trifft man sich mal auf Festivals. Es gab auch mal Anfragen, weil wir aus dem Osten kommen, aber wir lassen uns da nicht vor den Karren spannen.

Das erste Album war ziemlich erfolgreich. Standen Sie bei der zweiten Platte unter großem Druck?

Kummer: Ich habe kurz vor dem ersten Auftritt der neuen Tour plötzlich von meiner Mathe-Abiprüfung geträumt – es war ein Desaster. Offenbar habe ich mir unbewusst Stress gemacht.

Auf Tournee

Kraftklub besteht aus den Brüder Felix Brummer (voc) und Till Brummer (b), Steffen Israel (git/key), Max Marschk (dr), Karl Schumann (git/voc)

Die Band ist 2015 wieder auf Tour. Für die Konzerte am 25. Februar im Palladium Köln und am 21. März in der Halle Münsterland gibt es noch Tickets (34,65 Euro), erhältlich auch in den WAZ-Leserläden, unter www.ruhrticket.de sowie
0201/804 6060.

Im Lied „Unsere Fans“ beschimpfen Sie Ihr Publikum: „Unsere Fans haben sich verändert, unsere Fans haben sich verkauft, unsere Fans sind jetzt Mainstream.“

Kummer: Ach, unsere Fans sind intelligent und haben Humor, die verstehen das. Wir wollten ein Zeichen setzen: Kraftklub ist wieder da.

Sie füllen inzwischen große Hallen. Haben Sie eigentlich noch Ziele?

Kummer: Wir waren neulich für das Goethe-Institut in Kolumbien und spielen demnächst eine Europa-Tour.

Sie singen auf Deutsch. Verstehen die Leute die Texte?

Kummer: Unsere Musik funktioniert auch da, das ist schön zu sehen. Rock’n’Roll ist international.