Oslo. . Der wegen des Doppelanschlags mit 92 Toten in Norwegen festgenommene 32-Jährige hat gestanden. Laut einem Medienbericht könnte der Attentäter auch Kanzlerin Merkel ins Visier genommen haben. Der Verfassungschutz prüft Kontakte zur rechten Szene in Deutschland.
Der norwegische Attentäter Anders B. soll auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) als mögliches Ziel gesehen haben. In seinem im Internet veröffentlichten rassistischen Manifest habe B. namentlich die Kanzlerin erwähnt sowie allgemein die SPD, Linke und Grünen als mögliche Anschlagsziele benannt, berichtet die "Hamburger Morgenpost". Der Verfassungsschutz bestätigte dem Blatt, dass in dieser Sache ermittelt wird. Es gehe um "mögliche Kontakte" des Attentäters zur rechten Szene in Deutschland. Der 32-Jährige hatte am Freitag in Norwegen ein Blutbad mit 93 Toten angerichtet.
Der Tatverdächtige der Anschläge in Norwegen hat die Angriffe nach eigenen Angaben allein verübt. Der festgenommene Anders B. B. habe versichert, ein Einzeltäter zu sein, sagte Polizeikommissar Sveinung Sponheim am Sonntag vor Journalisten in Oslo.
Die Polizei prüfe dennoch weiterhin, ob bei dem Angriff am Freitag auf ein politisches Feriencamp auf der Insel Utöya „ein oder mehrere“ Schützen geschossen hätten. Zuvor hatten Zeugenaussagen darauf schließen lassen, dass an dem Blutbad auf der Insel ein weiterer Schütze beteiligt gewesen sein könnte. B.B. war bereits am Freitag festgenommen worden. Er legte ein Teilgeständnis ab, in dem er seine Taten als „grausam“, aber „notwendig“ beschrieb.
Polizei durchsucht Gelände in Oslo
Einheiten der norwegischen Polizei haben am Sonntag im Osten der Hauptstadt Oslo ein Gebiet im Zusammenhang mit dem tödlichen Doppelanschlag durchsucht. Kurzzeitig seien mehrere Menschen festgenommen, hieß es. "Es wurde kein Sprengstoff an dem Ort gefunden und die Festgenommenen wurden wieder freigelassen", erklärte die Polizei in Oslo. "Die Polizei verfügt über nichts, dass diese Leute mit Terrorakten in Verbindung bringen könnte." Anwohner hatten zuvor erklärt, die Polizei habe sechs Verdächtige abgeführt.
Die Polizei hatte seit dem Vormittag ein Grundstück im Osten der Hauptstadt durchsucht. Laut Anwohnern wurden die zunächst Verdächtigten dabei "in Unterwäsche" abgeführt. Laut dem britischen Sender Sky News untersuchte die Polizei zwei Container, in denen Chemikalien vermutet wurden. Dies wurde von offizieller Seite nicht bestätigt. An dem Einsatz waren zahlreiche Polizisten beteiligt. Das Viertel wurde aber nicht evakuiert. Rund um den Einsatzort versammelten sich viele Schaulustige.
Das Grauen von Utoeya
Attentäter hat Anschläge offenbar neun Jahre geplant
Der nach den Anschlägen von Norwegen festgenommene Verdächtige hat seine Taten offenbar neun Jahre lang geplant. Das geht aus einem von norwegischen Medien in Auszügen veröffentlichten, 1560 Seiten langen Manifest hervor, das der 32-Jährige geschrieben und kurz vor der Explosion der Bombe in Oslo am Freitag verschickt haben soll. Norwegische Medien veröffentlichten unter anderem das Titelblatt des auf Englisch geschriebenen Manifests. Über einem Kreuz des Tempelritter-Ordens steht die Zahl „2083“, darunter der Titel „A European Declaration of Independence“ (Eine europäische Unabhängigkeitserklärung).
In dem Manifest erklärt der 32-Jährige den Berichten zufolge, dass es an der Zeit sei, bewaffneten Widerstand gegen die „marxistisch-multikulturalistischen Regimes in Westeuropa“ zu leisten. „Die Zeit für den Dialog ist vorbei. Wir haben dem Frieden eine Chance gegeben“, schreibt er nach Angaben der Zeitung „Dagbladet“ in einer Passage. Seine Ansichten und Pläne habe er vor seinen Freunden geheim gehalten, denn sie hätten sonst zur Polizei gehen müssen, hieß es weiter. Er habe nur mit sich selbst Rücksprache gehalten, denn „einen Klaps auf die Schulter“ habe er nicht gebraucht. In dem Schriftstück, in dem er sich unter anderem selbst interviewt, bezeichnet er sich als Tempelritter.
Der Anwalt des 32-Jährigen, Geir Lippestad, bestätigte am Sonntag, sein Mandant habe jahrelang an dem Manifest gearbeitet. Sein Ziel sei es gewesen, die norwegische Gesellschaft anzugreifen, um sie zu verändern, sagte Lippestad. (afp/dapd)