London. .

Der Anschlag eines mutmaßlichen Rechtsextremen in Norwegen rückt die paramilitärische Szene in Europa ins Licht. Ein Jahrzehnt nach den Al-Kaida-Anschlägen in den USA hat sich auf dem Kontinent eine neue, rechtsextreme Bedrohung entwickelt.

In vielen westeuropäischen Städten beobachten die Sicherheitsbehörden besorgt, wie sich rechtsextreme Einstellungen verbreiten und von einer giftigen Mischung aus anti-muslimischen Reflexen, Widerstand gegen das Zusammenleben mit Einwanderern und wachsenden wirtschaftlichen Nöten genährt werden.

Die Attentate in Norwegen seien für Europa ein Einschnitt wie der Anschlag in Oklahoma City 1995 in den USA, sagt ein Experte. Damals hatte der amerikanische Rechtsextreme Timothy McVeigh eine in einem Lastwagen deponierte Bombe vor einem Regierungsgebäude zur Explosion gebracht und 168 Menschen getötet.

Gewalt gegen Einwanderer

In Europa richtet die Gewalt der einschlägigen Szene bereits desöfteren gegen Einwanderer. Auch kam es vielfach zu Auseinandersetzungen zwischen extremen Gruppen. Die Tat in Norwegen sprengt diese Dimensionen aber deutlich: Bei den Anschlägen im Zentrum von Oslo und auf der Ferieninsel Utöya wurden mehr als 90 Menschen getötet - in West-Europa das größte Attentat seit den Selbstmord-Anschlägen von London im Jahr 2005.

Sollten sich die Hinweise auf das Motiv des Attentäters erhärten, sei die Botschaft nicht zu unterschätzen, sagt Hagai Segal, ein Experte für Sicherheitspolitik an der New York University in London. „Ein solcher rechtsextremer Angriff wäre in Europa und ganz sicher in Skandinavien beispiellos.“ „Das wäre das hiesige Gegenstück zu Oklahoma City: der Anschlag einer Einzelperson mit extremen regierungsfeindlichen Ansichten und Verbindungen zu bestimmten Gruppen, gegen die Regierung gerichtet und mit dem Ziel eines Regierungsgebäudes oder einer Regierungsinstitution.“ Die nächste entscheidende Frage sei, ob der Mann auf eigene Faust oder als Teil einer Gruppe gehandelt habe.

Norwegische Rechtsextreme in Kontakt mit anderen Gruppen

Europa ist wachsam. Die oberste europäische Polizeibehörde Europol hat in ihrem Jahresbericht 2010 zwar festgestellt, es gebe derzeit keinen rechtsextremen Terrorismus auf dem Kontinent. Sie beobachtete zugleich jedoch eine zunehmende Professionalisierung der Szene. Dies zeige die Entschlossenheit der Rechten, weitere Anhänger anzuwerben und ihre Ideologie zu verbreiten. „Damit stellen sie eine Gefahr in den EU-Mitgliedstaaten dar.“

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich warnte vor wenigen Wochen vor einer Spirale der Gewalt in Deutschland, die sich zwischen den extremen Gruppen auf der Rechten und Linken entwickeln könne. Im vergangenen Jahr ging laut Verfassungsschutzbericht die Zahl rechtsextremistischer Straftaten zurück, die besonders radikalen und gewaltbereiten Autonomen Nationalisten fanden aber gehörigen Zulauf.

Taten von Oslo könnten eine „gefährliche Eskalation“ markieren

Jonathan Evans, Generaldirektor des britischen Geheimdienst MI5, erinnerte im September an den Neo-Nazi David Copeland, der 1999 mit Nagel-Bomben auf muslimische Einwanderer und Homosexuelle in London los ging und drei Menschen tötete. „Persönliche Überzeugung kann zu vielem treiben und selbst ein entschlossener Amateur kann Verheerendes anrichten“, sagte Evans.

Die obersten Sicherheitsbehörden Norwegens stellten erst im Februar eine „erhöhte Unsicherheit“ fest. In diesem Jahr seien mehr Aktivitäten der Rechtsextremen zu erwarten, hieß es im nationalen Sicherheitsbericht. „Norwegische Rechtsextreme stehen in Kontakt mit schwedischen Rechtsextremen, genauso wie mit anderen rechtsextremen Gruppen in Europa.“

Die Taten von Oslo und Utöya könnten nach den Worten des Wissenschaftlers Segal eine gefährliche Eskalation dieser Entwicklung markieren: „Die Taktik dieses Angriffs wäre frappant, wenn er auf einen einheimischen, weit rechts angesiedelten Täter zurückgeht. Dass jemand versucht, den norwegischen Ministerpräsidenten zu töten, ist eine Sache und nicht überraschend für Extremisten. Aber ganz normale Bürger auf diese Weise zu töten, ist sehr sehr ungewöhnlich, auch für Rechtsextreme oder Rassisten, und ganz bestimmt für solche in Europa.“ (rtr)

Das Grauen von Utoeya

Der 32-jährige Anders B. hat sich offenbar als Polizist verkleidet Zutritt zu einem Jugendcamp auf der Insel Utoyea verschafft. Augenzeugen hören Schüsse. Es dauert 30 Minuten bis die Polizei eintrifft.
Der 32-jährige Anders B. hat sich offenbar als Polizist verkleidet Zutritt zu einem Jugendcamp auf der Insel Utoyea verschafft. Augenzeugen hören Schüsse. Es dauert 30 Minuten bis die Polizei eintrifft. © AFP
Die Beamten finden ein Blutbaad vor: 84 Jugendliche wurden erschossen. Hunderte versuchten übers Wasser zu fliehen ...
Die Beamten finden ein Blutbaad vor: 84 Jugendliche wurden erschossen. Hunderte versuchten übers Wasser zu fliehen ... © REUTERS
Der Mörder
Der Mörder "schoss und schoss und schoss", wie eine Zeugin berichtet. © REUTERS
Durch die Schießerei alarmiert eilen erste Schiffe aus der Nachbarschaft herbei, um zu helfen.
Durch die Schießerei alarmiert eilen erste Schiffe aus der Nachbarschaft herbei, um zu helfen. © AFP
Polizei und Rettungseinheiten suchen weiterhin nach Opfern und Verletzten auf und rund um die Insel.
Polizei und Rettungseinheiten suchen weiterhin nach Opfern und Verletzten auf und rund um die Insel. © AFP
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Opfer und Verltzte werden geborgen. Ihre Zahl steigt weiterhin.
Opfer und Verltzte werden geborgen. Ihre Zahl steigt weiterhin. © AFP
OPfer und Verltzte werden geborgen. Ihre Zahl steigt weiterhin.
OPfer und Verltzte werden geborgen. Ihre Zahl steigt weiterhin. © AFP
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Retter und Gerettete - völlig schockiert
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Der mutmaßliche Täter: Anders Behring Breivik.
Der mutmaßliche Täter: Anders Behring Breivik. © REUTERS
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